Zum Inhalt springen

Reaktionen auf den Rücktritt «Im Haifischbecken Politik blieb er sich selbst»

Ein grosser Bundesrat, findet die eigene Parteichefin – und auch von links gibt es lobende Worte für den scheidenden Bundesrat Johann Schneider-Ammann.

Wenn ein Bundesrat zurücktritt, so pflegt die betroffene Partei den Abtretenden zu loben, bevor sie sich öffentlich mit der Nachfolge befasst. Bei FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi tönt das so: «Bundesrat Schneider-Ammann war meines Erachtens einer der erfolgreichsten Bundesräte.»

Er habe von neun Abstimmungen acht durchgebracht, so die FDP-Chefin. «Und er hat sich an vorderster Front für Freihandelsabkommen eingesetzt, vor allem für jenes mit China. Und bei der Digitalisierung war Schneider-Ammann der Vorreiter.» Deshalb sei die Schweiz nun bestens positioniert, um im digitalen Wettbewerb zu bestehen.

Bürgerliche würdigen den Wirtschaftsminister

Schöne Worte gab es nicht nur von der FDP-Präsidentin. Ihr Amtskollege von der CVP, Gerhard Pfister, erklärte, Johann Schneider-Ammann habe sehr viel unternehmerische Erfahrung in den Bundesrat eingebracht. Das sei wertvoll.

Mir persönlich hat sein menschlicher und freundlicher Umgang immer sehr gefallen – auch mit politisch Andersdenkenden.
Autor: Gerhard Pfister Präsident der CVP

Schneider-Ammann sei ein Bundesrat, der die soziale Verantwortung der Wirtschaft sehr stark betont und sie selber glaubwürdig repräsentiert habe, sagt Pfister: «Mir persönlich hat sein menschlicher und freundlicher Umgang immer sehr gefallen – auch mit politisch Andersdenkenden.»

Das bestätigt Albert Rösti, Präsident der SVP. Seine Erfahrung als Geschäftsführer der Baumaschinenfirma Ammann in Langenthal und als Präsident des Verbandes der Schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie habe Schneider-Ammanns Arbeit im Bundesrat auf positive Weise geprägt: «Seine Herkunft als Unternehmer hat man immer gespürt. Dementsprechend hat er auch eine bürgerliche Politik betrieben.»

Lob auch von links – und etwas Kritik

Die bürgerliche Politik ist nicht unbedingt das, was dem abtretenden Wirtschaftsminister von links her Lob einbringt. SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann meint aber: «Er hat sich sehr stark für die Berufslehre engagiert, auch im Bereich der Fachhochschulen.» Das sei zu würdigen, ebenso wie die vielen Reisen des Wirtschaftsministers im Namen der Exportindustrie: «Das hat er sehr gut gemacht und es hat sehr viel gebracht.»

Alles nur positiv also? Nicht ganz. Ein wenig Kritik äussert Regula Rytz, Präsidentin der Grünen Partei: «Er war ein Bundesrat, der das blieb, was er vorher war: der Patron einer Firma. Ich hatte oft das Gefühl, dass er ein bisschen Mühe hatte mit den politischen Prozessen hier, die nicht ganz so laufen wie in der Privatwirtschaft.»

Sich selbst geblieben im Haifischbecken

Zum Beispiel in der Agrarpolitik: Da habe er unterschätzt, auf welch grossen politischen Widerstand er mit seiner Freihandelsstrategie stossen würde. Als Berner Politikerin hat Rytz die Laufbahn ihres früheren Nationalratskollegen und heutigen Bundesrats Johann Schneider-Ammann über Jahre hinweg mitverfolgt.

Sie zollt ihm Respekt: «Es hat mich immer beeindruckt, wie er es geschafft hat, sich selber zu bleiben in diesem Haifischbecken der nationalen Politik.» Nun tritt Bundesrat Johann Schneider-Ammann per Ende Jahr ab. Der langjährige Patron und spätere Politiker wird weiterhin tätig bleiben, wie er ankündigt: als aktiver Grossvater und vielleicht wieder unternehmerisch.

Reaktionen von Gewerkschaften und Verbänden

Box aufklappen Box zuklappen
  • Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes: «Bundesrat Schneider-Ammann setzte sich vor allem zu Beginn seiner Amtszeit für die Sozialpartnerschaft ein, das war sehr positiv. In letzter Zeit haben die Arbeitnehmer in seinem Departement aber weniger Gehör gefunden.»
  • Valentin Vogt, Präsident des Arbeitgeberverbandes: «Er hat die Schweiz erfolgreich durch die Krisenjahre nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses geführt. Diese Zeit hat die Schweiz dank seinem Einsatz gut überstanden.»
  • Heinz Karrer, Präsident von Economiesuisse: «Besonders lobenswert ist sein Engagement für den Freihandel. Er hat sich aber auch immer für die Berufsbildung eingesetzt – in der Schweiz und auch im Ausland als Botschafter.»
  • Markus Ritter, Präsident des Bauernverbandes: «Es gab eine Zeit, als der Dialog praktisch eingeschlafen war. Es kamen Geschäfte auf den Tisch, die wir nicht mittragen konnten. Das führte zu deutlichen Auseinandersetzungen. Diese schwierigen Zeiten sind nun vorbei.»

Meistgelesene Artikel