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Reaktionen auf Entscheid Süddeutsche üben Kritik an Plänen für Atom-Endlager

Darum geht es: Die Entscheidung der Schweiz für den Standort ihres Atommüll-Endlagers nahe der baden-württembergischen Ortschaft Hohentengen ist auch jenseits der Schweizer Grenze skeptisch aufgenommen worden.

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Aus dem Archiv: Nagra entscheidet sich für Atom-Enlager Nördlich Lägern
Aus Tagesschau vom 10.09.2022.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 53 Sekunden.

Die badische Umweltministerin: Baden-Württemberg pocht auf den Schutz der in der Region lebenden Bürger. Landes-Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) teilte in Stuttgart mit: «Der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor radioaktiver Strahlung muss gewährleistet sein, insbesondere aber auch der Grundwasserschutz.» Walker sagte, man nähme die Pläne zur Kenntnis und werde sie nun vertieft prüfen. Der Standort Nördlich Lägern liege in unmittelbarer Grenznähe, insbesondere zum Landkreis Waldshut, aber auch zu den Kreisen Lörrach, Konstanz und dem Schwarzwald-Baar-Kreis. Somit leiste die baden-württembergische Bevölkerung einen grossen Beitrag zur Endlagerung des schweizerischen Atommülls. «Dies muss sich aus unserer Sicht zwingend adäquat bei den anstehenden Abgeltungsverhandlungen niederschlagen», sagte Walker.

Der Koordinator: Martin Steinebrunner, der die Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST) beim Regionalverband Hochrhein-Bodensee vertritt, sagte: «Bei der Aushandlung von Kompensationszahlungen wollen wir angemessen beteiligt werden, sowohl bei den Verhandlungen als auch im Ergebnis. Manche deutschen Gemeinden liegen näher am Lager als Schweizer Gemeinden, die berücksichtigt werden sollen.» Nun müssten die geplanten Oberflächenbauten konkretisiert werden. Die zunächst geplanten Bauten liegen etwa 2.3 Kilometer südlich der Landesgrenze. «Man muss anerkennen, dass die Schweiz ein rationales Verfahren hat und die Betroffenen miteinbezieht. Ob wir das in Deutschland ähnlich gut hinbekämen, wenn unser Endlagerstandort in Grenznähe wäre, muss sich noch zeigen», so Steinebrunner.

Was passiert mit dem Atommüll in Deutschland?

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In Deutschland steht die Entscheidung für einen Endlager-Standort für hoch radioaktiven Atommüll frühestens 2031 an. Die Brennelemente landen derzeit in Zwischenlagern, die sich meist an den Standorten der Atomkraftwerke befinden. Das Verfahren in Deutschland wurde 2013 noch mal von vorn begonnen und soll bis 2031 abgeschlossen sein, ab 2050 könnte dann mit der Lagerung begonnen werden. Ein Endlager für weniger stark radioaktiven Abfall soll 2027 im Schacht Konrad im niedersächsischen Salzgitter in Betrieb gehen.

Der Bürgermeister von Hohentengen: Martin Benz will den Entscheidungsträgern sehr genau «auf den Zahn fühlen», wie er der Nachrichtenagentur DPA sagte. «Sie müssen sehr gut begründen, warum ein zurückgestellter Standort plötzlich zum präferierten Standort wird», sagte er. Den Bewohnern sei klar, dass der radioaktive Müll vorhanden ist und entsorgt werden muss, sagte Benz. Auch sie seien für die Lagerung am sichersten Ort. «Aber diese Fragen müssen beantwortet werden: Was gibt es für Störfallszenarien, und wie ist man darauf vorbereitet?»

Unverständnis für Verpackungsanlage Würenlingen

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Deutsche Städte und Gemeinden am Hochrhein kritisierten nebst den Standortentscheid für das Endlager auch den geplanten Bau einer Brennelemente-Verpackungsanlage am Standort Würenlingen rund 15 Kilometer südlich der deutschen Gemeinde Waldshut-Tiengen. Das stelle für 67'000 Menschen eine grosse Belastung dar, teilten mehrere Bürgermeister am Sonntag gemeinsam mit.

Die Bürgermeister am Hochrhein stellten fest, dass bei Atomtransporten zum Endlager bei einer Havarie die Grundwasserströme der Aare und auch am Rhein und damit die Trinkwasserquellen gefährdet seien. «Ebenso wird ein immenser Imageschaden für den Tourismus befürchtet», schreiben sie. «Die Begründung der Nagra für den Standort Würenlingen ist für die Städte und Gemeinden deshalb nur schwer nachvollziehbar.»

Das Bundesumweltministerium: Die Entscheidung der Schweiz bezeichnete man in Berlin am Samstagabend als Belastung für die betroffenen Gemeinden. Die grenznahe Lage «stellt sowohl in der Errichtungsphase als auch beim Betrieb des Endlagers für diese und umliegende Gemeinden eine grosse Belastung dar», sagte Christian Kühn, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium und Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg, auf Anfrage. «Ich setze mich bei der Schweiz dafür ein, dass die bisherige gute Einbindung der deutschen Nachbarn fortgesetzt wird.» Die Expertengruppe Schweizer Tiefenlager (ESchT) werde nun im Auftrag des Ministeriums eine Einschätzung zur Nachvollziehbarkeit des Standortvorschlags erstellen und ihn bewerten. Bereits 2006 hatte das BMUV die ESchT eingerichtet, um die Schweizer Endlagersuche fachlich zu begleiten.

So geht es weiter: Die Nagra will sich am Montag genauer zu den Plänen äussern. Zudem ist am 15. September eine Informationsveranstaltung in Hohentengen geplant, in der die Nagra ihre Entscheidung vor Ort erklären will.

Deutschland wäre von allen Standorten betroffen

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Auch die beiden anderen Schweizer Standorte, die zuletzt noch zur Auswahl standen, liegen sehr nah an der deutschen Grenze. Jura Ost liegt südöstlich von Bad Säckingen, Zürich Nordost westlich von Jestetten. Das liegt daran, dass sich dort im Untergrund Opalinuston befindet, der sich für die sichere Einlagerung radioaktiver Abfälle gut eignet. Konkret geht es um etwa 9300 Kubikmeter hoch radioaktive Abfälle und 72'000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Für den Bau des Endlagers ist ein langes Genehmigungsverfahren vorgesehen. Wenn alles glattgeht, könnte er 2031 beginnen. Die mehrjährige Einlagerung begänne dann etwa 2050.

SRF 4 News, 11.09.2022, 6 Uhr;

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