- Tariq Ramadans Verurteilung wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung ist rechtskräftig.
- Das Bundesgericht hat den Rekurs des Islamwissenschaftlers gegen das Urteil des Genfer Kantonsgerichts abgewiesen.
- Die Genfer Justiz hatte Ramadan im September 2024 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
In seinem am Donnerstag veröffentlichten Urteil weist das Bundesgericht den Vorwurf der willkürlichen Beweiswürdigung des Beschwerdeführers zurück. Es weist auch die Verfahrensargumente des 63-Jährigen zurück.
«Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Rügen belegen nicht, dass das Genfer Urteil auf einer willkürlichen Beweiswürdigung oder einem unhaltbaren Sachverhalt beruhte», urteilte das Bundesgericht. Es gebe keine Hinweise auf eine Verletzung der Unschuldsvermutung.
«Dies ist eine enorme Erleichterung und das Ende eines langen Leidenswegs und Kampfes für unsere Mandantin und ihre Anwälte. Sie hat diesen diskret und ohne Hass, mit aussergewöhnlichem Mut und Würde geführt», sagten ihre Anwälte Robert Assaël, François Zimeray und Véronique Fontana.
Normalerweise tage das Bundesgericht mit drei Richtern, mit einigen Ausnahmen. Angesichts der Bedeutung des Falls und des hohen Einsatzes hätten fünf erfahrene Richter die fast 150 Seiten lange Berufung des Verurteilten in einem bemerkenswert gut begründeten 33-seitigen Urteil abgewiesen, betonten sie.
Ramadan will Urteil weiterziehen
«Die Verteidigung nimmt die Entscheidung des Bundesgerichts zur Kenntnis und ficht sie an. Diese Einschätzung widerspricht dem Urteil des Genfer Strafgerichts vom 24. Mai 2023, das Herrn Ramadan von allen gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen hatte», heisst es in einer Stellungnahme der Anwälte des Islamwissenschaftlers, Yaël Hayat, Guerric Canonica, Loïc Parein und Théo Badan. «Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte», fügten sie hinzu.
2024 hatte das Genfer Kantonsgericht Ramadan zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, davon eines auf Bewährung. Die Richter waren zum Schluss gekommen, dass der Islamwissenschaftler der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung einer Frau schuldig sei, die er im Oktober 2008 in einem Genfer Hotel kennengelernt hatte.
Nacht mit Schlägen
Das Opfer berichtete von einer Nacht, in der es mehrere Stunden lang geschlagen, beleidigt und sexuell missbraucht worden sei. Sie erklärte, dass der Islamwissenschaftler sie auf das Bett geworfen, sich rittlings auf sie gesetzt und ihr ins Gesicht geschlagen habe.
Ein Jahr zuvor war Ramadan in erster Instanz freigesprochen worden. Die Richter des Strafgerichts konnten die Schuld des Angeklagten nicht «zweifelsfrei» feststellen. Ihrer Ansicht nach fehlten in dem Fall ausreichende materielle Beweise.
Vorwürfe auch in Frankreich
Ramadan wird auch in Frankreich von der Justiz verfolgt. Dort werfen ihm vier Frauen ebenfalls Vergewaltigung zwischen 2009 und 2016 vor. Sein Prozess soll im März 2026 in Paris stattfinden.
Ramadan ist ein Enkel von Hassan al-Banna, einem Mitbegründer der islamistischen Muslimbrüder. Er tritt für eine europäisch-muslimische Identität ein. Sein Vater Saïd war 1954 in die Schweiz geflohen. Ramadan unterrichtete zwischen 1984 und 2004 an mehreren Genfer Schulen.
(Urteil 6B_816/2024 vom 22. Juli 2025)