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Daniel Menzi zum Rechtsvorbeifahren und -überholen
Aus SRF 4 News aktuell vom 14.06.2018.
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Rechtsüberholen auf Autobahnen «Bloss eine Anpassung an die Realität»

Rechtsvorbeifahren auf Schweizer Autobahnen wird erlaubt, nicht aber das Rechtsüberholen. Diese Unterscheidung sei unsinnig, sagt der oberste Autofahrlehrer der Schweiz, Daniel Menzi. Denn dadurch werde die beabsichtigte Vereinfachung der Strassenverkehrsregeln wieder unnötig verkompliziert.

Daniel Menzi

Daniel Menzi

Fahrlehrer

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Daniel Menzi ist Geschäftsführer des Schweizerischen Fahrlehrer-Verbands SFV. 

SRF News: Ab wann wird das Rechtsvorbeifahren zum nach wie vor verbotenen Rechtsüberholen?

Daniel Menzi: Es muss zuerst definiert werden, wann ein legales Rechtsvorbeifahren zu einem verbotenen Rechtsüberholen wird. Es fragt sich, nach welcher Distanz und bei welcher Geschwindigkeit ein Spurwechsel erlaubt wird. Momentan befinden wir uns in dieser Frage in einem rechtlichen Graubereich. Entweder definiert der Gesetzgeber dafür eindeutige Regeln, oder die Gerichte werden es tun, wenn es zu Unfällen gekommen ist und daraus juristische Streitigkeiten entstehen.

Symbolbild: Mehrspurige Autobahn mit viel Verkehr.
Legende: Das Rechtsvorbeifahren soll auf den Autobahnen eine Entlastung bringen, so die Idee. Keystone Archiv

Sollte nicht auch das Rechtsüberholen erlaubt werden, wenn jetzt schon das Rechtsvorbeifahren legal wird?

Wenn man das Rechtsvorbeifahren erlaubt, dann spielt es tatsächlich keine Rolle mehr, wenn man auch das Rechtsüberholen erlaubt. Denn wer einen Spurwechsel vornimmt, ist immer dafür verantwortlich, dass dies ohne Unfall vonstatten geht. Diese Tatsache wird von den Fahrlehrern auch heute schon so vermittelt – sowohl links als auch rechts.

Es ist nicht nachvollziehbar, wieso man krampfhaft einen Unterschied zwischen Rechtsvorbeifahren und -überholen macht.

Aus fachlicher Sicht ist deshalb überhaupt nicht nachvollziehbar, wieso man jetzt krampfhaft einen Unterschied zwischen Rechtsvorbeifahren und -überholen macht. In jeder Schweizer Stadt ist das Rechtsvorbeifahren und -überholen längst Realität. Sei es in Zürich oder Aarau: Wo der Autoverkehr über drei oder vier Spuren geführt wird, passiert beides ständig.

Die Gegner der Gesetzesänderung befürchten, durch das Rechtsvorbeifahren könnten mehr Unfälle passieren. Haben sie recht?

Das könnte in einer ersten Phase durchaus sein. Die Autofahrer sind sich daran gewöhnt, dass die Autos auf der rechten Spur langsamer fahren als jene auf der linken. Sie schauen wohl etwas weniger genau nach rechts, wenn sie von der linken Spur wieder nach rechts einscheren – eben weil man nicht damit rechnet, dass auf der rechten Spur von hinten ein Fahrzeug kommt.

Ein Fahrer muss sich grundsätzlich bei jedem Manöver versichern, dass er kein anderes Fahrzeug behindert.

Aus Sicht der Verkehrsausbildung ist das natürlich falsch, denn bei jedem Spurwechsel muss sich der Fahrer versichern, dass er mit seinem Manöver kein anderes Fahrzeug behindert. Doch auch wenn die Unfälle in einer ersten Phase wegen dem Rechtsvorbeifahren zunehmen sollten, werden sie rasch wieder abnehmen, wenn sich die Leute an die neue Regelung gewöhnt haben.

Die Schweiz ist das erste Land in Europa, welches das Rechtsvorbeifahren erlaubt. Könnte dies für die ausländischen Autofahrer in der Schweiz ein Problem sein – etwa die Grenzgänger, die zur Arbeit in die Schweiz fahren?

Das dürfte kein grösseres Problem werden: In der Praxis werden künftig einfach gewisse Situationen in der Schweiz nicht mehr geahndet, die bereits heute Realität sind, aber derzeit eigentlich noch geahndet werden müssten. Diese Rechtsvorbeifahr-Situationen sind auch in Deutschland und Frankreich heute schon Realität.

Das Erlauben des Rechtsvorbeifahrens ist Anpassen an die Realität.

Die neue Regelung ändert in der Realität also gar nicht viel?

Nein. Vor Jahrzehnten, als auf der Autobahn nur alle Viertelstunde mal ein Auto unterwegs war, war ein Gesetz, welches das Rechtsvorbeifahren verbietet, problemlos durchsetzbar. Doch beim heutigen Verkehrsaufkommen, bei dem auf den Schweizer Hauptachsen pro Tag höchstens noch an fünf Stunden wenig Verkehr herrscht, kann Rechtsvorbeifahrverbot gar nicht durchgesetzt werden – denn dann würde der Verkehr komplett stillstehen. Das Erlauben des Rechtsvorbeifahrens auf Autobahnen ist deshalb eher ein Anpassen an die Realität als eine Neuerung im Gesetz.

Das gewohnte Linksüberholen ist eigentlich gefährlicher als das Rechtsüberholen – es ist lediglich eine Gewohnheitsfrage.

Ist es für einen Autofahrer nicht schwieriger, den Verkehr hinter sich auf der rechten Spur im Auge zu behalten als auf der linken Spur – schliesslich sitzt der Lenker ja auf der linken Seite?

Das Gegenteil ist der Fall! Der tote Winkel für den Fahrer ist auf seiner Seite – auf der linken Seite – wesentlich grösser als auf der rechten Seite. Denn weil man als Fahrer weiter weg von der rechten Seite sitzt, hat man beim Zurückschauen nach rechts einen besseren Überblick als beim Zurückschauen nach links. Im Grunde ist also das gewohnte Linksüberholen gefährlicher als das Rechtsüberholen – es ist lediglich eine Gewohnheitsfrage.

Das Gespräch führte Teresa Delgado.

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