Die AHV hat Geldsorgen: Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) braucht schon bald mehr finanzielle Mittel. Einerseits muss ab 2026 die vom Volk beschlossene 13. AHV-Rente ausbezahlt werden, was jährlich über vier Milliarden Franken kosten wird. Andererseits kommt die demografische Entwicklung hinzu: Im Verhältnis zur wachsenden Gruppe der Rentnerinnen und Rentner zahlen immer weniger Arbeitnehmende in die AHV ein; eine Lücke, die gestopft werden muss. Und: Sollte bald auch noch die Rentenobergrenze für Ehepaare aufgehoben werden, dürfte auch das Milliarden kosten.
Der Vorschlag der Bundesrätin: Sowohl zur kurzfristigen Finanzierung der 13. Rente – die übrigens nächste Woche im Parlament behandelt wird – wie auch zur langfristigen Stabilisierung der AHV setzt Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider (SP) auf die altbekannten Rezepte. Zusätzliches Geld will sie aus den schon jetzt wichtigsten Finanzierungsquellen gewinnen. Sprich: Die Bundesrätin möchte die Mehrwertsteuer erhöhen und Arbeitnehmende sowie Arbeitgebende sollen höhere Lohnbeiträge zahlen.
Kaum Widerstand der Bürgerlichen: SRF hat unter Berufung auf das Öffentlichkeitsprinzip Einsicht in das Konsultationsverfahren verlangt, bei dem die anderen Bundesräte ihre Gedanken zu den Vorschlägen von Elisabeth Baume-Schneider einbringen konnten. Hierbei zeigt sich: Obschon die bürgerlichen Parteien im Bundesrat eigentlich in der Mehrheit wären, drängten sie nicht darauf, eine Anpassung des Rentenalters ins Auge zu fassen, sondern gaben sich mit den Vorschlägen von Baume-Schneider zufrieden.
Gerade von den bürgerlichen Bundesräten hätte ich mehr erwartet
Unverständnis bei der Wirtschaft: Diese Erkenntnis aus der Konsultation der Bundesämter sorgt bei den Wirtschaftsverbänden für Kopfschütteln. Urs Furrer, Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, sagt auf Anfrage von SRF: «Gerade von den bürgerlichen Bundesräten hätte ich mehr erwartet.» Und Stefan Heini, Geschäftsleitungsmitglied des Arbeitgeberverbandes doppelt nach: «Selbstverständlich hätten wir uns insbesondere von Seiten der bürgerlichen Bundesräte mehr Einsatz für eine echte AHV-Reform gewünscht.»
Was die Wirtschaft will: Urs Furrer sagt, man könne nicht ständig Steuern und Lohnabgaben erhöhen und die arbeitende Bevölkerung belasten. «Es braucht eine Strukturreform», sagt Furrer und meint damit unter anderem eine Erhöhung oder wenigstens Flexibilisierung des Rentenalters. Hierzu ergänzt Stefan Heini: «Wenn wir heute eine Anpassung des Rentenalters kategorisch ausschliessen, zielen wir an der Realität einer immer älter werdenden Bevölkerung vorbei. Die Leidtragenden sind besonders die Jungen, die Leistungswilligen und der Mittelstand.»
Rentenalter – ein politisch heisses Eisen: Am selben Tag, an dem die Bevölkerung die Initiative für eine 13. AHV-Rente angenommen hat, hat sie auch eine Initiative der Jungfreisinnigen verworfen, die eine Erhöhung des Rentenalters gefordert hatte. Vor diesem Hintergrund scheint dieses Thema offenbar auch für bürgerliche Bundesräte ein zu heisses Eisen zu sein. In Rahmen der Konsultation von Bundesämtern schrieb beispielsweise das Departement von Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP), dass eine Erhöhung des Rentenalters derzeit kaum mehrheitsfähig sei.