Im Berner Oberland ist es für Einheimische zunehmend schwierig, eine Wohnung zu finden. Immer mehr Unterkünfte werden über Buchungsplattformen wie Airbnb an Feriengäste vermietet. Darum lancierte die SP Bödeli (Agglomeration Jungfrau) die Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren». Diese regt an, dass Wohnungen höchstens 90 Tage pro Jahr temporär vermietet werden dürfen.
Beschwerden sorgen für Verzögerung
Letzten Herbst wurde die Initiative in Interlaken und vier benachbarten Gemeinden eingereicht – und überall für gültig erklärt. Jetzt kommt aus: In der Gemeinde Interlaken sind gegen die Initiative insgesamt 39 Beschwerden eingegangen. «Diese Zahl ist relativ hoch», sagt Gemeindepräsident Philippe Ritschard.
Inhaltlich haben wir noch gar nichts diskutiert.
Die Beschwerden kämen sowohl von Auswärtigen, die in Interlaken eine Wohnung besitzen, als auch von Einheimischen. «Sie haben Bedenken, dass man ihr Geschäftsmodell stark einschränken will.» Vor allem die 90-Tage-Regel stosse auf Kritik.
Aus Sicht von Ritschard kommt der Widerstand zu früh. Denn: «Inhaltlich haben wir noch gar nichts diskutiert.» Die Beschwerdeführer hätten vorsorglich gehandelt – «in der Hoffnung, dass die Initiative vorzeitig versenkt wird.» Aber dies entspreche nicht dem politischen Prozess, sagt Ritschard.
Bis die inhaltliche Diskussion beginnt, dürfte es noch eine Weile dauern. Zunächst müssen die Beschwerden vom Regierungsstatthalter geprüft werden.
Fünf Gemeinden, fünf Lösungen
Anders sieht die Situation in den restlichen vier Gemeinden aus, in denen die Airbnb-Initiative ebenfalls eingereicht und angenommen wurde: Bönigen, Matten, Unterseen und Wilderswil. Dort sind keine Beschwerden hängig. Nun schaut jede Gemeinde individuell, wie sie die Initiative umsetzt.
Bönigen etwa hat dafür eine Arbeitsgruppe eingesetzt. «Bei uns ist die Situation nicht so dramatisch wie in Interlaken», erklärt Gemeindepräsident Ueli Michel. Darum wolle man mit den Initianten einen Kompromiss suchen. «Wir wollen Airbnb nicht verbieten, aber beschränken.»
Wir haben kein Interesse daran, dass Zweitwohnungen 270 Tage im Jahr leer stehen.
Allerdings hält er nichts von der 90-Tage-Regel. «Wir haben kein Interesse daran, dass Zweitwohnungen die restliche Zeit des Jahres leer stehen.» Es brauche eine Lösung, die auf Bönigen zugeschnitten sei. «Ziel ist, dass wir an der Gemeindeversammlung im Herbst eine Vorlage präsentieren können», sagt Michel.
Die Gemeinde Wilderswil wiederum ist das Problem mit der Wohnungsknappheit schon vor der Lancierung der Initiative angegangen. Seit zwei Jahren arbeitet sie an einer Änderung des Baureglements. Vize-Gemeindepräsidentin Rita Heim sagt: «Künftig soll in allen Zonen ein Erstwohnungsanteil von 70 Prozent gelten und jede Umnutzung von einer Erst- zu einer Zweitwohnung eine Baubewilligung brauchen.» Im September wird die Gemeinde über das geänderte Baureglement abstimmen können.
In Interlaken stehen die Zeichen derweil auf Stillstand. Solange die Beschwerden noch hängig sind, kann die Gemeinde nicht darüber abstimmen.