Ob Kilimandscharo, Antarktis oder Nepal: Seine Neugier treibt André Lüthi, Traveler-Legende und Chef der Globetrotter-Group, seit Jahrzehnten um die Welt. Stets plant er neue Reise – und bleibt seinen Wurzeln im Kanton Freiburg trotzdem treu.
SRF News: Vielerorts sind die Sommerferien zu Ende, alle kommen zurück ins Büro und erzählen von ihren Ferien. Wie sieht das im Reisebüro aus?
André Lüthi: Bei uns ist das etwas anders. Bei uns kommen nicht alle im August aus den Ferien zurück. Unsere Mitarbeitenden sind pro Jahr bis zu zwölf Wochen unterwegs. Wir schauen das Reisen weniger als Ferien an, sondern mehr als eine Lebensschule und als Teil unseres Berufs an.
Wüste, Berge, ewiges Eis: Lüthis Leidenschaft ist das Reisen
Das Reisen ist also Ihr Beruf. Kennen Sie das Gefühl von Fernweh schon seit jeher?
Ja, schon als kleiner Bub. Dazumal war es natürlich noch nicht die weite Welt. Es hat mich zum Beispiel interessiert, was sich hinter dem Wald im Dorf versteckte. Auch auf meinem langen Schulweg habe ich oft Umwege genommen.
Nach der Bäckerlehre sind Sie dann per Anhalter nach London und schliesslich nach San Francisco gereist. War das eine Flucht aus der engen Schweiz?
Nein, das würde ich nicht so sagen. Obwohl ich zwar zu dieser Zeit mit vielem in der Schweiz nicht einverstanden war, trieb mich eher die Neugierde in die Fremde. Die Lust, neue Menschen und Kulturen kennenzulernen. Je länger, desto mehr habe ich beim Reisen auch die Schweiz schätzen gelernt.
Das Reisen kann man den Menschen nicht verbieten. Diese Entdeckerlust ist in uns drin.
Sie kritisieren die Reiseindustrie immer wieder öffentlich. Als Chef der Globetrotter Group sind Sie aber ein Teil davon. Das beisst sich doch.
Das Reisen kann man den Menschen nicht verbieten. Diese Entdeckerlust ist in uns drin. Aber wie momentan und insbesondere vor der Pandemie gereist wurde, ist nicht gut. Wir versuchen, diesem Trend entgegenzutreten.
Wo liegt das Problem?
Für ein Sackgeld kann man in jede europäische Stadt fliegen. Dieses Wochenende Paris, das nächste London. Das Reisen hat keinen richtigen Wert mehr.
Wie versuchen Sie dem entgegenzuwirken?
Was wir als Reiseunternehmen tun können, ist Verantwortung zu übernehmen. Wir versuchen, eine nachhaltige Reisekultur zu schaffen. Die Leute sollten lieber drei Wochen ein Land intensiv erleben, als dreimal im Jahr für eine Woche in den All-inclusive-Urlaub zu fliegen.
Sie leben das aber nicht vor, Ihr Instagram-Profil ist voll von exotischen Reisebildern, erst vor kurzem sind sie nach Spitzbergen und Afrika gereist.
In Spitzbergen habe ich eine Reisegruppe geleitet. Und wie gesagt: Ich will nicht, dass die Leute nicht mehr reisen. Es sind Dinge wie die Wochenendtrips nach London oder Barcelona, bei denen sich die Leute mehr Gedanken machen sollten.
Nochmals zu Ihnen. Sie sind 63 Jahre alt und ihre Pensionierung rückt näher. Werden Sie im Ruhestand auf Weltreise gehen oder haben Sie Ihr Fernweh gestillt?
An die Pension denke ich nicht. Wahrscheinlich werde ich nicht mit 65 Jahren den Stecker ziehen. Ich werde meine Arbeit aber anders strukturieren. Mehr Vorträge halten, Leute inspirieren und so meinen Beitrag zur Völkerverständigung leisten.
Und Sie selbst. Wo zieht es Sie noch hin?
Es gibt schon noch Orte, die mich reizen, Russland zum Beispiel. Auch wenn das im Moment heikel ist. Gerne möchte ich auch Orte besuchen, die ich vor längerer Zeit bereist habe. Ich möchte sehen, wie sie sich verändert haben. Auch auf die Gefahr hin enttäuscht zu werden, weil sie nicht mehr so sind wie in meiner Erinnerung.
Wie sieht es mit Ihrer Heimat, dem Kanton Freiburg, aus? Sind Sie dort noch anzutreffen?
Definitiv. Ich wohne zwar seit langem in Bern. Meine Mutter lebt noch immer in Schmitten FR. Sogar in den Wald, in dem ich als Junge Cowboy gespielt habe, gehe ich ab und zu. Ich bin da recht sentimental, ich bin wirklich gerne zu Hause.
Das Gespräch führte Thomas Pressmann.