Wenn um Punkt 16 Uhr – jeden Tag – die Arena auf dem Olma-Gelände bebt, ist klar: Es ist wieder Säulirennen. Aus den Boxen dröhnt «Whatever you want» von Status Quo, die Menge johlt und ein Animator heizt das Publikum ein.
Dann das Finale der «Wilhelm Tell»-Ouvertüre aus der Oper von Gioachino Rossini – und los gehts: Unter frenetischem Jubel flitzen die Rennsäuli durch das Halbrund direkt Richtung Futtertrog.
Seit 1996 gehört das Spektakel zur Olma im Oktober wie die Bratwurst, die Degustationshallen oder der Gastkanton. Und seitdem stehen das Thurgauer Bauernpaar Susanne (67) und Hans Milz (69) aus Amlikon-Bissegg hinter den flinken Säuli. Doch nun, nach fast drei Jahrzehnten, heisst es: Schluss mit dem Training – es ist Zeit für einen Generationenwechsel.
Wehmut, dass es heuer das letzte Mal sein wird, hat Susanne Milz nicht: «Es gibt noch anderes. Wir haben Familie, könnten mal Ferien machen. Und wir können uns glücklich schätzen, dass wir in unserem Alter gesund sind.» Bauer Hans Milz ergänzt trocken: «Die Olma war immer eine schöne Zeit. Jetzt freuen wir uns, das Rennen künftig aus der Arena mitzuverfolgen.»
Angefangen hat alles in den 1990-ern – mit einer Idee am Stammtisch. «Es hat unglaublich viel Spass gemacht, die Säuli zu trainieren und zu sehen, wie sehr sich das Publikum – vor allem die Kinder – über unsere Rennsäuli gefreut hat», erinnert sich Susanne Milz, die zusammen mit ihrem Mann das Säulirennen von Anfang an begleitet und weiterentwickelt hat.
Das erste Säulirennen fand am 9. Oktober 1997 an der 55. Olma statt – mit dem Ziel, den Messebesucherinnen und -besuchern die Tiere auf eine humorvolle Art näherzubringen.
Tierschutzkreise waren zunächst skeptisch. Doch Hans Milz ging in die Offensive: Eine breit angelegte Medienkonferenz sollte Transparenz schaffen. Das Echo war so positiv, dass das Rennen über Nacht zum Publikumsliebling wurde.
Seither beginnt zwei Monate vor Messestart jeweils das Training: Rund 15 Säuliweibchen werden auf dem Hof der Familie Milz an Musik, Startsignal und Ablauf gewöhnt, damit sie Mitte Oktober bereit sind für ihren grossen Auftritt in der Olma-Arena.
Ein fester Programmpunkt dabei: Kinder dürfen die Säuli nach dem Rennen zurück in den Stall treiben. Einmal übernahmen sogar der ehemalige St. Galler Bischof Markus Büchel und Ex-Olma-Direktor René Käppeli diese Aufgabe. Der Bischof sorgte für Lacher, als er meinte, er kenne Schweine sonst nur vom Teller.
Ab nächstem Jahr übernehmen Dominik und Jessica Dörig aus Gossau SG das Training der Rennsäuli. Die Olma Messen St. Gallen sind überzeugt: «Die Erfolgsgeschichte geht weiter.»
Zum Abschied wünschen sich Hans und Susanne Milz ein Rennen wie eh und je – mit Säuli, Musik, leuchtenden Kinderaugen und viel Applaus. Sie hoffen, dass auch dieses Jahr alles klappt – wie jedes Jahr. Nur eben zum letzten Mal.