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Resistente Keime in Spitälern Repatriierte Corona-Patienten brachten auch «Superkäfer» mit

Resistente Keime sind für die Spitäler eine Dauergefahr. Das zeigt sich erneut an den heimgeholten Covid-Patienten.

«Seit August waren 100 Prozent aller Patientinnen und Patienten mit Covid, die aus ausländischen Intensivstationen hierher verlegt wurden, Träger von hochresistenten Bakterien», berichtet Stephan Harbarth , leitender Arzt in der Spitalhygiene und Infektiologie am Unispital Genf.

Hochresistente Bakterien – das bedeutet, dass ihnen im Fall eines Infekts nicht mit den üblichen Antibiotika beizukommen ist, was zu schweren Verläufen und Komplikationen führen kann. Ohne Massnahmen können sich diese Bakterien im Spital auf weitere Patientinnen und Patienten ausbreiten. Das ist im Ausland häufig der Fall, in der Schweiz jedoch kaum.

Mit den Rückführungen häuften sich die Fälle

Am Genfer Unispital belegte zum Höhepunkt der Rückführungsaktion im September die Gruppe von Corona-Intensivpatientinnen und -patienten nach Spitalaufenthalten im Ausland ein Drittel der Intensivbetten. Sie kamen vor allem aus Süd- und Südosteuropa.

Aufgrund der Pandemie kam es zum gehäuften Import dieser multiresistenten Erreger.
Autor: Stephan Harbarth Leitender Arzt Unispital Genf

«Diese Situation kennen wir schon seit Jahren. Doch jetzt kam es im Rahmen von Covid innerhalb relativ kurzer Zeit zu vielen Rückverlegungen aus ausländischen IPS und Spitälern und entsprechend zum gehäuften Import dieser multiresistenten Erreger», so Harbarth.

Screenings intensiviert

Die Schweizer Spitäler wollen verhindern, dass sich diese Keime hier ausbreiten und festsetzen. Deshalb beobachten sie die Lage und untersuchen Neueintritte gezielt auf solche Keime.

Laut Harbarth ist das Screening bei aus dem Ausland verlegten Patientinnen und Patienten intensiviert worden: «Das ist ein erheblicher Mehraufwand, weil diese Patienten zum Teil in Einzelzimmer verlegt werden müssen und zum Teil einen erhöhten Pflegebedarf haben im Rahmen der ganzen Schutzmassnahmen.»

Die Schweiz – nur fast eine Insel

Ähnliches berichten die Zuständigen weiterer grosser Spitäler in der Schweiz auf Anfrage von Radio SRF: Am Berner Inselspital, das zur grössten Spitalgruppe der Schweiz gehört, erläutert Philipp Jent, Leiter Spitalhygiene, Uniklinik für Infektiologie: «Das gibt es weltweit, und die Schweiz ist hier fast ein bisschen eine Insel. Deshalb wird bei Patienten, die im Ausland im Spital waren, ein Ausland-Screening gemacht.»

Wegen der Pandemie sind die Intensivplätze in Zonen eingeteilt. Um den Schutz der Patientinnen und Patienten vor resistenten Krankheitserregern zu erhöhen, haben die Teams sie auch im Inselspital in Einzelzimmern isoliert, um Übertragungen und grosse Ausbrüche zu verhindern. Das sei gelungen, so Jent.

Positive Bilanz im Kampf gegen «Superkäfer»

Die grossen Spitäler der Schweiz seien auf diese zusätzliche Herausforderung gut vorbereitet gewesen, sagen die Spitalhygiene-Spezialisten. Zahlen für die ganze Schweiz gibt es nicht. Die Statistiken erfassen zwar die festgestellten resistenten Keime, nicht aber, ob die Betroffenen diese aus einem Spital im Ausland mitgebracht haben.

Am Unispital Genf spricht Infektiologe Harbarth von «Superkäfern», die die Arbeit in der Schweiz nicht erleichterten. «Da müssen wir zum Teil unsere letzten Reserve-Antibiotika aus den Apotheken holen oder gar aus dem Ausland importieren, weil sie nicht immer gleich zur Verfügung stehen.» Der Umgang mit resistenten Bakterien bleibt auch in der Zukunft eine Herausforderung.

Echo der Zeit, 01.11.2021, 18:00 Uhr

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