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Revidierte Strafprozessordnung Staatsanwaltschaften müssen mehr Befragungen durchführen

Seit Anfang Jahr gelten neue Strafprozessregeln. Die stark belasteten Staatsanwaltschaften haben daran keine Freude.

Das ist neu: Wird jemand zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, dann muss neu eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt den Beschuldigten mindestens einmal befragen. Bislang reichte es in gewissen Fällen, wenn die Einvernahme durch die Polizei durchgeführt wurde. Betroffen davon sind Verfahren, bei denen es um eine Freiheitsstrafe von maximal sechs Monaten geht und die via Strafbefehl behandelt werden. Also bei Verfahren, bei denen es nicht zu einem Gerichtsprozess kommt.

Mehr Arbeit für Staatsanwaltschaften: Diese Regelung trat am 1. Januar 2024 in Kraft. Für die Staatsanwaltschaften bedeutet dies zusätzliche Aufgaben. «Im Kanton Aargau waren das im letzten Jahr 300 Verfahren, bei denen neu eine Einvernahme nötig wird», sagt Alex Dutler, Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau. Auch die Solothurner Staatsanwaltschaft geht von zusätzlicher Arbeit aus. Und auch der Präsident der Schweizerischen Staatsanwaltschaftskonferenz, Michel-André Fels, blies in verschiedenen Interviews in den letzten Monaten ins gleiche Horn.

Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit.
Autor: Sabrina Weisskopf Rechtsanwältin

Mehr Rechte für Beschuldigte: Viele Anwältinnen und Anwälte sehen in der neuen Strafprozessordnung dagegen einen Fortschritt. Die bisherige Praxis sei problematisch gewesen, sagt Sabrina Weisskopf, Strafverteidigerin aus Solothurn. «Wenn jemand zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, dann ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass man zumindest einmal gegenüber der Staatsanwaltschaft Stellung beziehen darf.» Führe die neue Regelung zu Mehrarbeit, dann sei am bisherigen System etwas falsch gewesen, so Weisskopf.

Die revidierte Strafprozessordnung

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Seit dem 1. Januar 2024 ist die neue Strafprozessordnung in Kraft. Diese regelt verschiedene Dinge im Strafprozess neu. Darunter auch solche, die die Staatsanwaltschaften entlasten können. So können Polizisten in eindeutigen Fällen selber eine Blutprobe anordnen. Bislang musste dies eine Staatsanwältin oder ein Staatsanwalt tun.

Auch bei der Protokollierung von Einvernahmen gibt es neue Regeln. So können von allen Befragungen Ton- und Videoaufnahmen gemacht werden. Dies soll es erlauben, gemachte Aussagen später besser nachzuvollziehen.

Die neue Strafprozessordnung stärkt ausserdem die Rolle des Haftgerichts. Entscheidet dieses, dass jemand während eines Verfahrens nicht in Haft muss, dann kann die Staatsanwaltschaft dagegen neu keine Berufung mehr einlegen.

Ausserdem erhalten Opfer mehr Informationsrechte. So können sie gratis das Urteil oder den Strafbefehl gegen den Täter oder die Täterin einsehen, auch wenn sie nicht als Partei im Verfahren involviert sind.

Überlastung der Staatsanwaltschaft: Die neuen Aufgaben stellen die Staatsanwaltschaften vor Herausforderungen. Denn in der ganzen Schweiz sind viele dieser Amtsstellen bereits am Anschlag. 113'000 Fälle waren Ende 2022 schweizweit pendent, wie die Tamedia-Zeitungen berichteten. Wegen der grossen Fallzahl wird die Bearbeitungszeit tendenziell länger, was für alle Beteiligten belastend sein kann. «Wenn eine Staatsanwältin 100 Fälle gleichzeitig bearbeiten muss, dann muss sie irgendwann Abstriche machen», sagt denn auch Alex Dutler von der Aargauer Oberstaatsanwaltschaft. Dies führe dazu, dass gewisse Verfahren schlechter geführt werden könnten.

Mehr Stellen: Die Belastung der Staatsanwaltschaften ist kein neues Thema, verschärft sich mit der neuen Strafprozessordnung aber noch. Viele Kantone haben reagiert und stocken die Staatsanwaltschaften auf oder haben dies geplant. So ist es etwa in den Kantonen Baselland, Bern, Graubünden, Luzern, St. Gallen oder Zürich. Auch im Aargau bewilligte die Politik der Staatsanwaltschaft mehr Stellen, allerdings nicht so viele wie die Staatsanwaltschaft beantragt hatte. Mit den neuen Regeln ist klar: Die Rechte der Beschuldigten werden gestärkt, die Pflichten der Staatsanwaltschaften allerdings auch.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 3.1.24, 6:31 Uhr ; 

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