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Rheinschifffahrt Hochbetrieb für Basler Schleppschiff wegen verregnetem Halbjahr

Der verregnete Jahresbeginn brachte dem Rhein Hochwasser und dem Schleppschiff «Wild Maa» so viel Arbeit wie noch nie.

In Basel hat ein ganz spezielles Schiff seinen Anlegeplatz beim Dreiländereck, direkt neben der Revierzentrale des Rheinhafens Kleinhüningen: das Schlepp- und Schubboot «Wild Maa». 29 Meter lang, schwarzer Rumpf, weisser Aufbau, blauer Seitenstreifen, 2600 PS Motorenleistung.

Diese Kraft wird gebraucht, wenn Frachtschiffe nicht alleine den Rhein hochkommen in die Schweizerischen Rheinhäfen SRH in Basel sowie Birsfelden BL und Muttenz BL. Zehn Prozent aller Schweizer Importe kommen über diese Häfen ins Land.

Schlepp-verbund auf dem Rhein in Basel
Legende: Ein Kiesfrachter lässt sich von der «Wild Maa» hochschleppen in Richtung Baselbieter Häfen. Rechts sieht man Gebäude des Basler Hafens Kleinhüningen und im Hintergrund die Fussgängerbrücke zwischen Hüningen F und Weil am Rhein D. zVg/Schweizerische Rheinhäfen SRH

Dieser Schlepper – der einzige in Basel – war heuer jedoch selten an seinem Anlegeplatz: Da sehr viel Regen fiel, blieb der Rheinpegel seit Herbst anhaltend hoch und viele Frachter mussten sich wegen der starken Strömung hochschleppen lassen. Die Besatzung des «Wild Maa» habe darum dieses Jahr so viel zu tun wie noch nie, sagt Steven Leisenberg, Kapitän der «Wild Maa» und Schiffslotse der Schweizerischen Rheinhäfen SRH.

Frachtschiffe haben zwar selber teils über 4000 PS, aber auch 2000 bis 3000 Tonnen Fracht an Bord. Zudem hat es bei Hochwasser allerhand Schwemmholz im Rhein, das schlimmstenfalls das Ruder blockieren kann – bei Hochwasser müssen sich daher Frachter mit nur einer Schraube zwingend schleppen lassen.

Wir haben den ‹Wild Maa› eigentlich fast täglich gebraucht.
Autor: Steven Leisenberg Kapitän der «Wild Maa» und SRH-Schiffslotse

Der Basler Schlepper stand daher wetterbedingt seit Oktober im Dauereinsatz: «Wir haben den ‹Wild Maa› eigentlich fast täglich gebraucht», sagt Steven Leisenberg; zwischen fünf und 15 Schiffe am Tag wurden nach Birsfelden bugsiert. Eine genaue Jahresstatistik führen die SRH nicht.

Lotsen-Pflicht in Basel

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gesunkener Schulbleichter
Legende: Vor 40 Jahren verunglückte die «Corona» und sank vor der Mittleren Brücke. Keystone/STR

In Basel ist der Rhein weniger breit als unterhalb und macht mitten in der Stadt eine Kurve. Just da steht die historische Mittlere Brücke mit ihren engen Bögen. Diese enge Durchfahrt, wo seitliche Kräfte auf die Schiffe wirken, ist so heikel, dass Kapitäne der Grossschifffahrt für die Stadtstrecke eine spezielle Ausbildung brauchen, das Hochrhein-Patent. Auf Frachtern, deren Kapitäne dieses Patent nicht haben, muss ein SRH-Lotse das Ruder übernehmen. Diese Dienstleistung kostet 800 Franken für eine Stunde, samt zwei Mann Besatzung. Diese Zeit reicht für den Abschnitt.

Diese Vorschriften sollen verhindern, dass Schiffe die Brückenpfeiler touchieren oder sogar hängen bleiben. Dies war 1984 dem Schubleichter «Corona» passiert – er lag bis zur Bergung fast drei Wochen quer an der Mittleren Brücke, was die ganze Schifffahrt blockierte. Ursache für diese spektakuläre Havarie war der Riss eines Verbindungskabels zwischen der «Corona» und dem damaligen Schlepp- und Schubboot «Vogel Gryff». So geriet der Schubleichter ausser Kontrolle und trieb reinabwärts an die Brücke, wo er unter dem Druck der Strömung sank.

Das brachte der Besatzung häufige 14-Stunden-Arbeitstage: Ein Schleppverbund (Schlepper und Frachter) ist langsam unterwegs und der Stadtabschnitt ist nachts für Grossschiffe gesperrt. Andere Jahre hatte der Schlepper im ersten Semester deutlich weniger zu tun. Bei Niedrigwasser, wie es im Hochsommer vorkommt, herrscht auch mal wochenlang Flaute.

Ein Drittel der Schweizer Mineralöl-Importe via Rhein

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Im Jahr 2023 wurden in den Schweizerischen Rheinhäfen insgesamt rund fünf Millionen Tonnen Güter umgeschlagen, acht Prozent mehr als im Vorjahr. Mit knapp 2.5 Millionen Tonnen sind Mineralölerzeugnisse die mit Abstand grösste Kategorie. «Diese 2.5 Millionen Tonnen entsprechen rund einem Drittel der Mineralöl-Importe in die Schweiz», sagt Simon Oberbeck, Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrt und Hafenwirtschaft.

Zweitgrösste Warengruppe des SRH-Umschlags sind Steine, Erden und Baustoffe mit knapp 800'000 Tonnen im letzte Jahr, dahinter Nahrungs- und Futtermittel sowie Agrarprodukte mit gut 500'000 Tonnen.

Die Frachtvolumen via Rhein hängen nicht nur vom Pegel ab, sondern auch von der Weltkonjunktur, die zuletzt unter den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten litt: So wurden im vergangenen Jahr die Mineralöllager wieder aufgefüllt, was dieser Warengruppe ein Plus von 46 Prozent bescherte. Container wurden derweil knapp 109'000 TEU-Einheiten umgeschlagen, was 13 Prozent unter dem Vorjahr lag.

Die Schweizerischen Rheinhäfen wurden 2008 als öffentlich-rechtliche Anstalt gegründet. Dabei wurden die Häfen von Basel, Birsfelden und Muttenz administrativ fusioniert. Die SRH sind im Besitz der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt.

In Betrieb genommen wurde der in den Niederlanden gebaute Schlepper «Wild Maa» Anfang 2017. Die SRH haben ihn für vier Millionen Franken als Einzelanfertigung für die Basler Stadtstrecke bestellt. Gelegentlich schleppt er übrigens Frachtschiffe nicht am langen Stahlseil, sondern schiebt sie den Fluss hoch. Frachter werden dazu mit festgezurrten Stahltrossen am Schlepperbug vertäut, der dafür eine spezielle Konstruktion aufweist.

Als Lotsen in Basel haben wir eine extrem hohe Anforderung.
Autor: Steven Leisenberg Kapitän der «Wild Maa» und SRH-Schiffslotse

Die Arbeit auf Rheinschiffen ist anspruchsvoll, erst recht auf Schleppern. Darum sei es schwierig geworden, qualifiziertes Personal zu finden, erklärt Leisenberg. Dieses suche man inzwischen aus ganz Europa: «Wir sind auf ausländisches Personal, auf die Fachkräfte angewiesen, weil wir als Lotsen hier eine extrem hohe Anforderung haben.»

Wenn sie auf ein Schiff steigen und das Ruder übernehmen, müssten sie sich sehr schnell darauf einstellen können – nicht selten stünden sie zum ersten Mal auf einem Frachter.

Speziell an der Basler Rheinstrecke sei überdies, dass der Pegel sehr schnell ändern könne. Das sei schwierig abzuschätzen und erfordere einige Erfahrung, sagt Leisenberg. Auch stets im Auge behalten müsse man den übrigen Verkehr: Schwimmende, Kleinboote und die Basler Fähren.

Regionaljournal Basel, 5.8.2024, 17:30 Uhr ; 

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