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Roberto Cirillo im Interview Post-Chef: «Was Dänemark macht, ist eine Katastrophe»

Die Post hat ein finanziell gutes Jahr hinter sich: mehr Umsatz und einen deutlich höheren Konzerngewinn. Post-Chef Roberto Cirillo erklärt seine Sicht der Dinge – gut zwei Wochen, bevor er seinen Posten abgibt.

Roberto Cirillo

Konzernchef Schweizerische Post

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Roberto Cirillo leitet seit April 2019 die Schweizerische Post. Er löste Ulrich Hurni ab, der die Post seit Juni 2018 nach dem Rücktritt von Susanne Ruoff interimistisch geleitet hatte. Cirillo hat Maschinenbau an der ETH studiert und ist im Tessin aufgewachsen.

SRF News: Wenn es der Post so gut geht, wieso geben Sie diesen Gewinn nicht an die Kundinnen und Kunden zurück, zum Beispiel mit günstigeren Briefmarken?

Die Brief- und Paketpreise haben wir 18 Jahre lang nicht verändert. Eine extrem lange Zeit, in der alles viel teurer geworden ist. Was wichtig ist: Die Infrastruktur, die notwendig ist, um die hohe Qualität aufrechtzuerhalten, ist sehr teuer und wird mit immer weniger Briefen finanziert, weil die Anzahl der Briefe pro Einwohner kontinuierlich zurückgeht. Deshalb war es notwendig, in den letzten zwei Jahren eine Preisanpassung vorzunehmen.

Es ist ein technologischer Wandel, wie damals, als Kutschen von Dieselfahrzeugen abgelöst wurden.

Der Briefverkehr nimmt jedes Jahr um rund fünf Prozent ab. Überrascht Sie diese Geschwindigkeit?

Nein, überhaupt nicht. Das sehen wir überall in Europa, in manchen Ländern sind es sogar zehn Prozent pro Jahr. Es ist ein technologischer Wandel, wie damals, als Kutschen von Dieselfahrzeugen abgelöst wurden. Heute wandeln wir physische Briefe in digitale um.

Die dänische Post stellt ab 2026 keine Briefe mehr zu. Ist das nicht konsequenter?

Nein, das ist eine Katastrophe. Es passiert abrupt und schliesst ganze Teile der Bevölkerung aus. Unser Weg ist ein hybrider: physische und digitale Kommunikation gleichzeitig, mit laufender Anpassung an die Nachfrage.

Anders als Dänemark setzen wir auf digitale Weiterentwicklung, ohne jemanden abzuhängen.

Ein plötzlicher Stopp hätte massive soziale Konsequenzen. In Dänemark verliert die Post eine ganze Schicht von Menschen, die noch täglich Post erhalten möchte. Wir setzen auf digitale Weiterentwicklung, ohne jemanden abzuhängen.

Auch die Paketmengen sind in den letzten zwei Jahren zurückgegangen, 2024 um drei Prozent. Woran liegt das?

Die Konsumstimmung war gedämpft. Nach dem Kaufrausch während der Covid-Phase, als viele die Waren per Internet bestellt haben, kam eine Normalisierung. Es dauert länger als gedacht, auch wegen der instabilen geopolitischen Lage. Aber insgesamt sind wir überzeugt, dass Online-Shopping eine der beliebtesten Einkaufsformen bleibt.

Mann im Anzug am Podium mit Dokumenten.
Legende: Roberto Cirillo stand sieben Jahre lang an der Spitze der Post. Ende März gibt er seinen Posten ab. Keystone/Peter Schneider

Ihre Strategie steht politisch unter Druck. Die Linke kritisiert den Abbau der Grundversorgung, die Rechte, dass die Post in fremden Märkten private Anbieter konkurrenziert. Wie gehen Sie mit diesem Dilemma um?

Wir haben einen Mittelweg gesucht – und es scheint gelungen zu sein. Die jüngste Abstimmung im Ständerat zeigt, dass die Weiterentwicklung der Post von der Politik mitgetragen wird. Aber ehrlich gesagt: Hätte ich von Anfang an gewusst, wie gross das Spannungsfeld zwischen Politik und Wirtschaft ist, hätte ich wohl gezögert, diesen Job anzunehmen.

Das klingt nicht sehr attraktiv für Ihre Nachfolge.

Heute kann ich sagen: Es gibt wahrscheinlich keinen spannenderen, interessanteren und relevanteren Job in der Schweiz als den des Post-CEOs.

Und wieso hören Sie dann auf?

Der Bundesrat wird dieses Jahr aufzeigen, wie die Grundversorgung der Post nach 2030 gestaltet werden soll. Diese neue Etappe soll eine neue Führung in Angriff nehmen. Deshalb räume ich jetzt den Posten, damit jemand übernimmt, der die nächste Generation prägen kann.

Das Gespräch führte David Karasek.

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Tagesgespräch, 13.3.2025, 13:00 Uhr ; 

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