Die SBB will die ÖV-Benutzer an ihrem Rekordgewinn teilhaben lassen. Dafür will sie Gutschriften, Gutscheine, Investitionen in Komfort und Service sowie Sparbillette im Wert von insgesamt 230 Millionen Franken ausrichten. Dieses System der Rückvergütung sei viel zu kompliziert, kritisiert die Stiftung für Konsumentenschutz die SBB-Pläne.
SRF News: Die Kunden erhalten insgesamt 230 Millionen Franken von der SBB zurück. Doch der Konsumentenschutz ist damit nicht zufrieden. was stört Sie?
Josiane Walpen: Grundsätzlich ist es positiv, dass die SBB ihre Kundinnen und Kunden am guten Ergebnis teilhaben lässt. Uns stört aber der bunte Strauss an Vergünstigungen. Es gibt verschiedene Gutscheine und Ermässigungen, was es für die Kunden schwierig macht, tatsächlich davon zu profitieren. Das Handling ist schwierig, die Gutscheine müssen zum richtigen Zeitpunkt eingelöst werden. Viele Kunden vergessen auch, dass sie noch einen Gutschein haben.
Uns stört der bunte Strauss an Vergünstigungen.
Kommt hinzu: Die Sparbillette sind in Tat und Wahrheit eine Kunden-Lenkungsmassnahme, damit mehr Leute die Züge in den Randzeiten benützen. Die Pendler dagegen, die auf den Öffentlichen Verkehr angewiesen sind und kaum auf Randzeiten ausweichen können, erhalten bloss einen Gutschein. Und die GA-Besitzer praktisch gar nichts.
Es liegt ja nicht in der Verantwortung der SBB, wenn Gutscheine nicht eingelöst werden und verfallen.
Natürlich nicht. Doch die SBB hätte die Rückvergütungen so organisieren können, dass es für die Kunden einfacher ist, diese tatsächlich auch zu erhalten. So hätte die SBB etwa das Halbtax-Abonnement günstiger anbieten können, dann würden alle davon profitieren. Auch geht es teils um Gutscheine, die viele gar nicht brauchen können – oder die Tatsache, dass der Gutschein, beispielsweise für einen Klassenwechsel, nicht zur Hand ist, wenn man ihn dann einmal brauchen würde. Es gäbe sicher einfachere Rückerstattungsmöglichkeiten.
Die SBB will das GA nicht vergünstigen und so noch attraktiver machen.
Die Halbtax-Benützer erhalten automatisch eine Rückerstattung, die GA-Besitzer profitieren nicht. Weshalb wohl?
Wir vermuten, dass die SBB das mit Absicht macht. In der Vergangenheit hat sie mehrmals durchblicken lassen, dass sie mit dem GA nicht mehr so richtig glücklich ist. Die Kunden würden davon zu stark profitieren, hiess es. Die SBB möchte lieber auf Systeme wechseln, bei denen nach Gebrauch abgerechnet würde, also jede Strecke einzeln. Deshalb will sie das GA jetzt nicht vergünstigen und so noch attraktiver machen.
Sie kritisieren auch, dass die Sparbillette ausschliesslich online oder per App gekauft werden können. Sehen Sie nicht ein, dass die SBB damit der allgemeinen Entwicklung Rechnung trägt und auch Personalkosten sparen will?
Im aktuellen Zeitgeist macht das sicherlich Sinn. Allerdings gibt es immer noch Kunden, die nicht online unterwegs sind und ihre Billette nicht per Smartphone lösen wollen. Ausserdem müssen GA-Besitzer, wenn sie ihr Generalabonnement unterbrechen wollen, dies am Schalter oder per Telefon machen. Die Digitalstrategie der SBB ist also doch nicht so stringent, wie man auf den ersten Blick glauben könnte.
Der Konsumentenschutz fordert also eine simple pauschale Rückerstattung, die allen Kunden zugute kommt?
Ja. Wir würden es begrüssen, wenn auf GA und Halbtax eine Ermässigung erlassen und die Preise für Einzelfahrten sinken würden. Dann müsste man als Kunde den Vergünstigungen nicht noch extra hinterherrennen.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.