Es ist kurz nach 8 Uhr morgens in der Rega-Einsatzzentrale am Flughafen Zürich-Kloten. Die vierköpfige Crew des Ambulanzjets trifft sich zum Briefing. Heutige Mission: Zwei Patiententransporte aus der Türkei und Kroatien zurück nach Zürich durchführen. Die Einsatzleiterin bespricht den Ablauf. «Ihr macht heute Zürich–Kocaeli–Zagreb–Zürich. Zwei Patienten, beide werden mit der Ambulanz zum Flieger gebracht und in Zürich weiter in die Spitäler transportiert.»
Eine gute Stunde später hebt der Ambulanzjet ab. Der Flug in die Türkei dauert gut zwei Stunden, angeflogen wird ein Flugplatz im Osten Istanbuls. Der Ambulanzjet fliegt dorthin, wo es für den Patienten am nächsten ist. Heute ist das ein ziviler wie auch militärisch genutzter Flughafen. «Wir haben zwar kein Blaulicht bei uns auf dem Jet, können aber im Flugverkehr Priorität verlangen», sagt Kaptain Marc Welti.
Die Crew besteht aus zwei Piloten, einer Intensivpflegerin und einem Flugarzt. Die Ambulanzmaschine ist eine fliegende Intensivstation. Bis zu vier Patienten können liegend geflogen werden.
Ambulanz fährt bis ans Flugzeug
Im hinteren Teil des Flugzeugs machen sich Intensivpflegerin Sabrina Wicki und Flugarzt Michael Baur bereit. Die Informationen über den ersten Patienten sind noch lückenhaft. «Wir wissen, dass er mit mittleren Mengen Sauerstoff stabil sein sollte», sagt Baur. «Laut seiner Tochter kann er nicht richtig sprechen wegen Atemnot. Er ist in keinem guten Zustand.»
Kurz nach 11 Uhr landet die Maschine in Kocaeli, in der Türkei. Der 82-jährige Hasan Sadic wartet bereits im Krankenwagen. Er hat in der Schweiz jahrzehntelang auf dem Bau gearbeitet und ist wegen einer Asbestlunge an Krebs erkrankt. In den letzten Tagen hat sich sein Zustand verschlechtert.
Von der Ambulanz gibt es keine zusätzlichen Informationen zum Gesundheitszustand, aber zumindest die Krankenakte. Michael Bauer greift in solchen Fällen zu Übersetzungs-Apps: «Manchmal ist die Schrift gar nicht lesbar, in manchen Ländern gibt es nur Zeichen», sagt er. «Wir müssen das immer vor dem Start machen, weil wir unterwegs kein Internet haben.» Nach einer ersten Untersuchung gibt er aber das Gut-zum-Flug: «Ich bin zuversichtlich, dass der Flug klappt.»
Medizinische Versorgung teils besser als vor Ort
Nächstes Ziel ist der Flughafen Zagreb in Kroatien. Auch hier geht es nach der Landung schnell: Patient Nedzad Rizvanovic wird nach einem «Grüezi» über die ausklappbare Rampe ins Flugzeug geschoben. Schnell erhält er Schmerzmittel: «Sie sind sehr sparsam mit Schmerzmitteln hier», sagt der Patient über seine Erfahrung im lokalen Spital. Er hatte einen schweren Unfall mit dem Quad. Die Folge: Beide Arme und das Becken sind mehrfach gebrochen. Kurz vor dem Start ist er dank der Schmerzmittel schon eingeschlafen.
Michael Baur arbeitet seit einem Jahr im Ambulanzflugzeug. Der Kontrast vom Flugzeug zur medizinischen Versorgung vor Ort sei manchmal augenfällig, sagt er: «Es ist manchmal schwierig, wenn wir mit unseren Taschen voll Ausrüstung kommen und die Patienten auf dem Flug besser versorgen können als es vor Ort möglich war.» Nicht überall auf der Welt sei es möglich, eine solche medizinische Versorgung zu bekommen.
Kurz nach 16 Uhr landet der Ambulanzjet wieder in Zürich Kloten. Im Hangar warten bereits die beiden Ambulanzen, welche die Patienten in die Spitäler fahren. Es war einer von über 1000 Ambulanzflügen der Rega pro Jahr.