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Rüge an die Zürcher Regierung Rassismus-Kommission: «Alba-Festival-Absage war diskriminierend»

Das Verbot des Alba-Festivals empörte die albanische Community. Nun kritisiert die Rassismus-Kommission Jacqueline Fehr.

Mit bis zu 20'000 Besucherinnen und Besuchern rechneten die Verantwortlichen des Alba-Festivals vor der Austragung im letzten Jahr. Doch so weit kam es im September 2021 nicht. Die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr entzog dem Festival auf der Zürcher Hardturm-Areal kurzfristig die Bewilligung. Die Begründung: Die Impfquote in der albanischen Community sei zu tief, eine Austragung zu risikobehaftet.

Adem Morina, Veranstalter des Alba-Festivals, zeigte sich im September 2021 vor den Medien enttäuscht über die Absage.
Legende: Adem Morina, Veranstalter des Alba-Festivals, zeigte sich im September 2021 vor den Medien enttäuscht über die Absage. Keystone

Die Absage sorgte für eine Welle der Empörung. Die Organisatoren warfen Fehr Diskriminierung vor. Sie hätten sich an sämtliche Corona-Vorschriften gehalten, 3-G-Regel inklusive. Und auch Politiker bis weit ins rechte Lager verurteilten die kurzfristige Absage aufs Schärfste. Fehr entschuldigte sich in der Folge und kündigte eine unabhängige Untersuchung durch die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus an.

Absage mit Bezug auf Bevölkerungsgruppe ist problematisch

Nun hat die Kommission ihre Ergebnisse publik gemacht. Die Begründung, mit der der Anlass abgesagt wurde, sei «zu Recht als diskriminierend empfunden worden», heisst es im Schreiben, das «NZZ» und «Tages-Anzeiger» vorliegt. «Grundsätzlich ist es problematisch, den Rückzug einer Bewilligung mit der Herkunft des Zielpublikums zu begründen», heisst es.

Für die Kommission ist also unmissverständlich klar: Weil an der Veranstaltung nur Personen hätten teilnehmen können, die entweder geimpft, getestet oder genesen waren, habe es keinen Grund gegeben, das Festival mit Bezug auf die hohen Corona-Zahlen bei Personen aus dem Balkan abzusagen. Die Impfquote in der Bevölkerungsgruppe sei kein Entscheidungs-Kriterium und hätte nicht erwähnt werden müssen.

Leere Tribüne, keine Besucherinnen beim Alba-Festival 2021 in Zürich.
Legende: Leere Tribüne, keine Besucherinnen: Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus rügt den Kanton Zürich für den Bewilligungs-Entzug des Alba-Festivals. Keystone

«Gerade während einer Pandemie besteht die Gefahr, dass Sündenböcke gesucht werden», schreibt die Kommission weiter. Behörden müssten sich darum besonders darauf achten, mit ihrer Kommunikation nicht der Stigmatisierung einer Bevölkerungsgruppe Vorschub zu leisten. Die Kommission hält fest, dass ein Verweis auf die epidemiologische Lage als Begründung für die Absage ausreichend gewesen wäre.

Bericht neun Monate lang zurückgehalten

Pikant: Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus hatte ihre Einschätzung bereits letzten September der Zürcher Justizdirektion zukommen lassen, veröffentlicht wurde sie vom Departement Fehr nie. Der Stadtzürcher FDP-Präsident Përparim Avdili, der sich nach der Absage für die albanische Community engagiert hatte, beurteilt das Verhalten von Justizdirektorin Jacqueline Fehr in der «NZZ» als skandalös. «Frau Fehr wollte die Angelegenheit offensichtlich unter den Teppich kehren.»

Frau Fehr wollte die Angelegenheit offensichtlich unter den Teppich kehren.
Autor: Përparim Avdili Präsident FDP Stadt Zürich

Die Zürcher Justizdirektion entgegnet in der Zeitung, man habe noch auf einen weiteren Bericht warten wollen. Dieser sei erst viel später eingegangen. Ganz grundsätzlich habe sich die Justizdirektion in der Alba-Festival-Thematik in einem Dilemma befunden.

«Einerseits galt es, eine nachweislich ausserordentlich von Corona betroffene Bevölkerungsgruppe zu schützen. Andererseits sollte diese nicht diskriminiert werden», sagt Sprecher Benjamin Tommer. Man habe die Diskriminierungsvorwürfe stets ernst genommen, aber es sei bis jetzt nicht klar, wie sich das Dilemma hätte lösen lassen.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 29.06.2022, 06:31 Uhr ; 

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