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Rüstungsindustrie Schweiz exportiert mehr Kriegsmaterial

  • Im ersten Halbjahr 2022 ist Kriegsmaterial für rund 517 Millionen Franken aus der Schweiz ausgeführt worden. Das ist so viel wie seit Jahren nicht mehr.
  • Die wichtigsten Abnehmerländer waren Katar, Dänemark, Saudi-Arabien, Deutschland und Botswana.

Insgesamt stieg das Volumen der vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bewilligten Ausfuhren im ersten Halbjahr 2022 auf 516.6 Millionen Franken. Das sind 159.8 Millionen Franken mehr als in der entsprechenden Vorjahresperiode. Das Seco führt die Zunahme in einer Mitteilung vom Dienstag auf grössere Einzelgeschäfte zurück.

Seit 1983 gab es nach Zählung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA nur ein Semester, in dem das Waffenexportvolumen noch grösser war, nämlich das zweite Halbjahr 2011 mit 546 Millionen Franken. Die 517 Millionen Franken von 2022 übersteigen auch den Erst-Semester-Wert der Waffenausfuhren des bisherigen Export-Rekordjahrs 2020.

Es handle sich um einen «sehr hohen Wert», sagte Seco-Sprecher Fabian Maienfisch auf Anfrage zu den Zahlen. Diese seien eine Momentaufnahme in einem volatilen Geschäft. Schon ein Quartal später könne das Bild ein ganz anderes sein.

Flugabwehrsysteme für Fussball-WM

Die wichtigsten Abnehmerländer waren im laufenden Jahr neben Katar Dänemark, Saudi-Arabien, Deutschland und Botswana. Bei den Exporten nach Katar handelt es sich nach Angaben des Seco hauptsächlich um Flugabwehrsysteme. Sie seien zum Schutz der Stadien im Rahmen der Fussball-Weltmeisterschaft im kommenden Winter beschafft worden.

Laut Maienfisch erhielt Katar acht Kanonen samt Munition. Das Land habe schriftlich garantieren müssen, dass sie nicht an Drittstaaten weitergegeben würden und die Schweiz jederzeit vor Ort prüfen könne, ob die Kanonen vor Ort seien. Die Ausfuhr sei bewilligt worden, weil mit den Flugabwehrsystemen keine Menschenrechtsverletzungen begangen werden könnten.

Auflagen für Saudi-Arabien

Saudi-Arabien erhielt ausschliesslich Ersatzteile und Munition für Flugabwehrsysteme geliefert. Kriegsmaterial-Exporte in dieses Land werden nach Angaben des Seco nicht bewilligt, wenn das betroffene Material für den Einsatz im Jemen-Konflikt geeignet ist oder ein erhöhtes Risiko besteht, dass es dort eingesetzt wird.

Nach Dänemark und auch nach Botswana wurden in erster Linie gepanzerte Fahrzeuge des Typs Piranha geliefert. Nach Deutschland gingen vor allem Munition, Teile für gepanzerte Fahrzeuge, Ersatzteile für Flugabwehrsysteme und Hand- und Faustfeuerwaffen.

Ein Radpanzer des Typs Piranha der Schweizer Armee.
Legende: Ein Radpanzer des Typs Piranha der Schweizer Armee. Keystone

Nach Russland und in die Ukraine darf wegen des russischen Angriffs kein Kriegsmaterial exportiert werden, und Drittstaaten dürfen in der Schweiz hergestelltes Kriegsmaterial auch nicht an die Ukraine weitergeben. Das hielt der Bundesrat Anfang Juni aufgrund von Weitergabe-Ersuchen mehrerer europäischer Länder fest.

Den Export von Einzelteilen und Baugruppen an europäische Rüstungsunternehmen wollte die Regierung aber nicht unterbinden. Allerdings dürfen diese Teile am Endprodukt eine gewisse Warenwert-Schwelle nicht überschreiten. Eine Lieferung ist auch möglich, wenn die Teile in Waffen verbaut werden, die in der Ukraine eingesetzt werden könnten.

Ob und wie viel erlaubtes Zubehör für Waffensysteme über Drittländer in die Ukraine gelangt ist, ist laut Seco-Sprecher Maienfisch nicht bezifferbar. Das Seco habe keinen Überblick darüber, was mit diesen Teilen geschehe, sagte er zur Begründung.

SRF 4 News, 12.07.2022, 12:00 Uhr ; 

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