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Rüstungskonzern im Zwielicht Ruag hat Regeln erst nach Rüge deutlich verschärft

Darum geht es: Gleich in drei Fällen haben Mitarbeiter des Schweizer Rüstungs- und Technologiekonzerns Ruag zwielichtige Geschäfte getätigt. In allen drei Fällen, die die «Handelszeitung» publik gemacht hat, geht es um Verstösse gegen interne Sorgfaltspflichten und Richtlinien.

  • Der Fall Russland : Ein inzwischen freigestellter Kaderangestellter der Munitionssparte Ruag-Ammotec hat in Russland hinter dem Rücken seiner Firma private Geschäfte mit Produkten der Ruag und Produkten von Konkurrenten abgeschlossen. Konkret handelt es sich um mehrere Lieferungen von Ruag-Munition an die russische Präsidentengarde im Zeitraum von 2010 bis 2014. Die Ruag hat die Bundesanwaltschaft über den Vorfall informiert und Strafanzeige gegen den Kaderangestellten eingereicht. Die Bundesanwaltschaft untersucht nun die Vorfälle. Im Raum stehen die Widerhandlung gegen das Kriegsmaterialgesetz, ungetreue Geschäftsbesorgung und eventuell ungetreue Amtsführung. Im Rahmen des Strafverfahrens hat die Bundesanwaltschaft vergangene Woche die Büroräumlichkeiten des betroffenen Mitarbeiters in Thun durchsucht.
  • Der Fall USA : Laut «Handelszeitung» soll auch der USA-Chef von Ammotec 2011 ohne Kenntnis seines Arbeitgebers private Geschäfte getätigt haben. Die Ruag wollte die genauen Vorkommnisse nicht weiter kommentieren. Der Fall sei «erledigt» und der Mitarbeiter entlassen, schreibt sie.
  • Der Fall Ungarn : Die Ruag hat festgestellt, dass der Standortleiter in Ungarn interne Vorgaben nicht eingehalten hat. Auch ihm wurde gekündigt. Dieser Fall sei «erledigt», wobei keine «relevanten strafrechtlichen Verstösse» festgestellt worden seien, schreibt die Ruag auf Anfrage.

Die Stellungnahme: Die Ruag betont, dass die internen Compliance-Prozesse – die Befolgung von internen und externen Bestimmungen – «gegriffen» hätten. Deshalb seien die Fälle entweder bei internen Prüfungen oder durch Meldungen an die firmeneigene Whistleblower-Stelle aufgedeckt worden.

Der Verwaltungsrat führt an jeder seiner Sitzungen die Compliance als ein ständiges Traktandum.
Stellungnahme der Ruag

Zudem teilt die Ruag mit: «[Die] Ruag verfügt heute über ein komplettes und funktionierendes Compliance-Management-System mit den drei Pfeilern ‹verhindern, entdecken, reagieren›. (…) Solche Vorfälle werden an den dafür zuständigen Verwaltungsrat weitergeleitet. Entsprechend führt der Verwaltungsrat an jeder seiner Sitzungen die Compliance als ein ständiges Traktandum.» Seit wann die Compliance in den Verwaltungsratssitzungen ein ständiges Thema ist, wollte die Ruag auf Anfrage nicht bekanntgeben. Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Die Ruag passte ihre Compliance-Prozesse erst nach einer Rüge der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) im Jahr 2016 an.

Die Ruag in Zahlen

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Die Ruag ist ein Rüstungs- und Technologiekonzern, der zu 100 Prozent im Besitz des Bundes ist. Der Konzern produziert zivile und militärische Güter in den Bereichen Munition, Luft- und Raumfahrt sowie Sicherheits- und Wehrtechnik. Die Ruag hat Ende 2017 rund 9200 Angestellte beschäftigt und im vergangenen Jahr einen Umsatz von fast zwei Milliarden Franken erzielt.

Die offenen Punkte: Weshalb haben die Compliance-Prozesse nicht verhindert, dass eigene Mitarbeiter unbemerkt krumme Geschäfte tätigen konnten? Der Bericht der EFK von 2016 liefert Aufschluss: Innerhalb der Ruag hat es an wirksamen Instrumenten gefehlt, um solche Fälle zu verhindern. Die EFK schrieb damals: «Angesichts der Grösse und der internationalen Verflechtung des Konzerns muss die Compliance-Funktion weiter ausgebaut werden. Ziel muss sein, das Thema in den dezentralen Einheiten und in den Prozessen zu integrieren, sodass Compliance breitflächig ‹gelebt› wird.» Die EFK kam damals zum Schluss, «(…) dass das Risiko für den Bund [als Eigner] aus möglichen Korruptionsfällen bzw. Verstössen (…) reduziert werden muss.»

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