«Ich verspielte in Online-Casinos mehrere Millionen Schweizer Franken, weil ich komplett die Kontrolle verlor», sagt ein ehemaliger Spielsüchtiger gegenüber SRF Investigativ. Der ehemalige Spielsüchtige, wir nennen ihn Simon, verlor in Casinos viel Geld. Er liess sich deshalb vor über 20 Jahren in Casinos im In- und Ausland freiwillig sperren. «Ab dem Moment war Spielen aus meinem Kopf verschwunden.»
Eines Abends habe er im Internet gesurft und sei plötzlich auf einer Casino-Seite gewesen. «Sofort haben wieder sämtliche Suchtmechanismen gegriffen», erzählt Simon. Die Folgen: fatal. Erneute Spielsucht, grosse finanzielle Verluste, wochenlange stationäre psychiatrische Behandlung.
Anzeige – aber kein Strafverfahren
Daraufhin reicht Simon bei der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) Strafanzeige ein gegen eine Betreiberin solcher Online-Glücksspiele. Grund: Diese Firma mit Sitz in Malta betreibt über 80 Geldspielseiten. Dafür hat sie in der Schweiz keine Bewilligung.
Doch die Aufsichtsbehörde, welche laut Geldspielgesetz das illegale Geldspiel bekämpfen sollte, leitet kein Strafverfahren ein. ESBK weist Simons Beschwerde ab. Sie gibt ihm in ihrer schriftlichen Antwort zu verstehen, dass sein Spielen solche illegalen Onlineangebote überhaupt erst möglich machten.
Doch Simon war spielsüchtig. Spielsucht ist eine anerkannte Krankheit. Das Gesetz sollte dem Schutz von Spielsüchtigen dienen. Die Argumentation der ESBK ist für Simon deshalb nicht nachvollziehbar: «Wenn diejenigen beschuldigt werden, die auf illegale Angebote reinfliegen, und nicht diejenigen verfolgt werden, die es anbieten, so braucht es keine Regulierung.»
Das Erstellen einer illegalen Online-Casinoseite ist wesentlich einfacher, als diese sperren zu lassen.
Zur langen Verfahrensdauer bis zur Sperrung einer Seite schreibt die ESBK: «Aufgrund der erforderlichen Bekanntmachung im Bundesblatt, Abklärungen mit Internetanbietern sowie technischer und administrativer Prozesse kann es zu längeren Bearbeitungszeiten kommen, insbesondere wenn eine grosse Anzahl Domains gleichzeitig zu bearbeiten ist.» Im Ausland bestünden ausserdem technische und rechtliche Grenzen. Rechtshilfe erfolge teilweise schleppend oder gar nicht, weil die Spiele in Ländern wie Malta legal seien.
Fürs Überprüfen und Sperren der über 80 Online-Spielseiten benötigte die ESBK neun Monate. Simon versteht das nicht. Auch Nationalrat und Präsident des Schweizer Casino Verbandes Gerhard Pfister kritisiert: «Die Sperrung illegaler Seiten dauert zu lange.»
Obwohl die legalen Schweizer Online-Casinos jeden Monat illegale Geldspielseiten melden würde, aktualisiere die ESBK ihre Sperrliste nur alle drei Monate. «Das ist zu wenig. Man müsste diese illegalen Seiten sofort sperren», fordert Gerhard Pfister. Auf der Sperrliste sind mittlerweile insgesamt 2300 illegale Geldspielseiten aufgeführt. Weltweit existieren jedoch über 8000 solche Seiten.
Für Simon kommt Hilfe zu spät, die Spielsucht hat ihn ruiniert. Zum Schutz von anderen Betroffenen jedoch erwartet er von der Behörde künftig ein schnelleres Eingreifen.