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Sanktionen gegen Russland Handel mit russischem Öl: Bundesrat zieht die Schraube an

In der Schweiz gelten seit Mittwoch neue Sanktionen gegen Russland. So soll unter anderem der Transithandel mit russischem Öl erschwert werden. Aber: Die Behörden wissen gar nicht so genau, wie dieser Handel aussieht.

Darum geht es: Der Bundesrat hat an seiner Sitzung am Mittwoch beschlossen, dass er das neueste Sanktionspaket der EU übernehmen will. Das heisst, die Einfuhr von russischem Erdöl und Erdölprodukten ist neu verboten. Das spielt allerdings keine so grosse Rolle, weil die Schweiz kaum russisches Erdöl oder Erdölprodukte importiert, wie SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Bonanomi erklärt. Das globale Handelsgeschäft mit russischem Erdöl werde durch den Beschluss jedoch indirekt beschränkt. Denn: Schweizer Banken und Versicherer dürfen keine Geschäfte mit russischem Erdöl mehr finanzieren.

Das bedeutet der Schritt: Wenn ein Rohstoffhändler mit Sitz in Genf oder Zug weiterhin mit russischem Erdöl handeln will, dann muss er andere Finanzierungsmöglichkeiten suchen, zum Beispiel Banken in China oder Dubai. «Wenn er zum Beispiel Erdöl von Russland nach China liefern will, findet er vielleicht eine chinesische Bank, die dieses Geschäft finanziert oder auch versichert», erklärt Bonanomi. Im Grunde heisst das: Die in der Schweiz ansässigen Rohstoffhandelsfirmen dürfen weiterhin global mit russischem Erdöl handeln, es zum Beispiel nach Indien liefern. Aber der Handel dürfte etwas erschwert werden.

Der Rohstoffhandel ist von ähnlicher Bedeutung wie der Finanzsektor für die Schweiz.
Autor: Klaus Bonanomi SRF-Wirtschaftsredaktor

Auch das hat der Bundesrat beschlossen: Es soll eine neue Statistik zum Rohstoffhandel geben, entschied die Landesregierung. «Darüber wurde schon länger diskutiert», weiss der Wirtschaftsredaktor. Mit dem Krieg in der Ukraine und der Frage der Sanktionierung von russischen Rohstoffen sei die Schweiz international nochmals zusätzlich unter Druck gekommen. «Da will man jetzt genauer hinschauen, denn die Schweizer Behörden wissen relativ wenig über den Schweizer Rohstoffhandel.» Das sei eigentlich erstaunlich angesichts der Bedeutung des Rohstoffhandels für die Schweiz, findet Bonanomi.

Das ist die Bedeutung der Branche: Laut der neuesten Ausgabe der «Handelszeitung» sind die fünf umsatzstärksten Schweizer Unternehmen Rohstoffhändler, erst danach folgen Unternehmen wie Nestlé, Novartis, ABB und so weiter. «Dieser Sektor ist von ähnlicher Bedeutung wie der Finanzsektor für die Schweiz», so der Vergleich von Bonanomi. «Aber der Finanzsektor ist durch die Finanzmarktaufsicht beaufsichtigt. Der Rohstoffhandel hingegen bisher kaum.» Bis Ende Jahr will der Bundesrat also mehr Klarheit schaffen – mit besseren Statistiken, besseren Informationen über das Geschäft der Rohstoffhändler.

Eigenständige Sanktionen (noch) nicht möglich

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Die Schweiz führt ihre Sanktionen im Einklang mit der EU ein, indem sie zum Beispiel jene der EU oder anderer wichtiger Handelspartner übernimmt. Die Schweiz kann jedoch keine eigenständigen Sanktionen ergreifen.

Der Nationalrat hat sich bereits dafür ausgesprochen, dass sich dies ändert. Der Ständerat ist im Herbst an der Reihe. Sagt er ebenfalls Ja dazu, so könnte die Schweiz danach selber weitergehende Sanktionen ergreifen – die dann zum Beispiel auch den Rohstoffsektor betreffen.

So gravierend sind die Entscheide: «Die Schweiz zieht die Schraube weiter an», bilanziert der Wirtschaftsredaktor. Einerseits mit dem Importverbot, andererseits mit dem Finanzierungsverbot für das globale Geschäft der Schweizer Rohstoffhandelskonzerne mit russischem Erdöl.

SRF 4 News, 30.06.2022, 07:20 Uhr ; 

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