Kinder von Sans Papiers – von Migranten ohne geregelten Aufenthaltsstatus –, die in der Schweiz leben, dürfen die Schule besuchen. Die Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates will dies nun aber strenger regeln. Zum Beispiel sollen Lehrer Schüler ohne Papiere den Behörden melden müssen.
Laila ist die Tochter von Sans Papier-Eltern aus Mazedonien. Die 15-Jährige lebt in Bern bei ihren Grosseltern – bis vor kurzem illegal. «Mein Vater war schon lange hier und er wollte, dass ich eine Ausbildung abschliessen kann», erzählt sie.
Lehrerin wusste nichts davon
Laila fand Hilfe bei der Beratungsstelle für Sans Papiers. Dort wurde für sie ein Sprachkurs organisiert und eine Schule gefunden. Denn laut Schweizer Verfassung haben alle Kinder in der Schweiz ein Recht auf Bildung.
«Am Anfang war es für mich schwierig, weil ich kein Deutsch konnte. Nun habe ich Freunde in der Schweiz und will hier bleiben.» Dass die Mazedonierin lange keine Aufenthaltsbewilligung hatte, wissen ihre Mitschüler nicht. Ihre Lehrerin weiss es erst, seit es um die Berufswahl geht.
«Bilden alle aus – egal welchen Status sie haben»
«Im ersten Moment bin ich erschrocken. Ich hatte noch nie ein Umgang mit einem Sans-Papier-Kind», erzählt Lailas Lehrerin. Sie hätten sich dann gefragt, ob und was sie in so einem Fall unternehmen müsse. Doch Laila habe alles mitgemacht und sei auch schnuppern gegangen.
Die SGK will nun, dass Lehrer solche Schüler wie Laila melden müssen. Ihr Lehrerin sagt: «Ich hätte sehr viel Mühe damit, das zu machen. Das würde das Vertrauen zu den Schülern schädigen. Wir bilden alle Kinder aus, egal welche Nation oder welchen Status sie haben.»
Vorschlag von Kommission sei keine gute Lösung
Auch Karin Jenny, Beratungsstelle für Sans Papier Bern, ist gegen die Forderung der Nationalratskommission: «Wenn Lehrer diese Kinder melden müssen, ist klar, dass die Kinder nicht mehr in die Schule geschickt würden.» Die Kinder würden zuhause bleiben, ist Jenny überzeugt. «Und das wäre verehrend für ihre Zukunft.»
Jenny bezweifelt, dass es durch verschärfte Regeln weniger Sans Papiers in der Schweiz geben würde. Pro Jahr führt sie und ihre Kollegen 2000 Beratungen durch. 25 Mal jährlich wird ein Härtefallgesuch bei der Stadtberner Fremdenpolizei eingereicht. Wird dieses von der Polizei und schliesslich vom Staatssekretariat für Migration (SEM) bewilligt, erhält die Person eine Aufenthaltsbewilligung.
Schülerin Laila hatte Glück: Ihr Gesuch wurde vor Kurzem bewilligt. So ist sie ihrem Berufswunsch näher gekommen. Sie will Ärztin werden und hat ihren langen Ausbildungsweg bereits geplant «Nach dem 10. Schuljahr will ich eine Krankenschwester-Lehre machen, dann die Matura nachholen und studieren», so das Mädchen.