30 Personen stehen oberhalb von Sissach BL auf einer Wiese im Kreis und lassen sich die flüchtige Übeltäterin zeigen: «Jetzt seht ihr sie, die hier geht jetzt in diese Richtung», sagt Edi Di Lello – der Imker nimmt an einem Kurs zur Bekämpfung der Asiatischen Hornisse teil.
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Bild 1 von 3. Asiatische Hornissen (Vespa velutina) haben einen schwarzen Rumpf, einen mehrheitlich schwarzen Hinterleib und gelbe Beinenden. Bildquelle: Imago / Abacapress.
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Bild 2 von 3. Einheimische Hornissen (Vespa crabro) haben einen braun-roten Rumpf, einen mehrheitlich gelben Hinterleib und braune Beine. Bildquelle: Imago / imagebroker.
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Bild 3 von 3. Die Schweizer Meldeplattform für die Asiatische Hornisse, frelonasiatique.ch, listet die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale auf. Insgesamt zählt sie für das laufende Jahr (Stand 6.8.25) bereits 2710 Asiatische Hornissen-Beobachtungen. Bildquelle: zVg frelonasiatique.ch/Carine Vogel.
Vor anderthalb Wochen hat er bei seinem Bienenhäuschen an jenem Sissacher Waldrand die erste Asiatische Hornisse entdeckt. «Nun ist sie da – und wir müssen einfach versuchen, das Nest zu finden und zu vernichten.» Die Hornissen eines einzigen Nests können in einem Jahr elf Kilogramm Bienen vernichten.
Unsere Bienen kennen diesen Feind nicht.
Maria Corpataux ist Zuchtberaterin beim Dachverband Bienen Schweiz und hat als Koordinatorin der Bekämpfung der Asiatischen Hornisse in Basel-Stadt und Baselland diesen Kurs und einige mehr organisiert. Sie sagt: «Unsere Bienen kennen diesen Feind nicht und wissen nicht, wie reagieren.»
Nicht nur werden ausfliegende Bienen vor dem Stock erlegt, erklärt sie, sondern Bienen würden wegen lauernden Hornissen teils nicht mehr ausfliegen und so verhungern und verdursten.
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Bild 1 von 4. In den Baumkronen sind Nester von Asiatischen Hornissen nicht einfach zu erkennen – hier eines an einer Eiche in Binningen BL (Archivbild). Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. Grosse Sekundärnester können auch 5000 einzelne Asiatische Hornissen beherbergen. Bildquelle: Imago / Abacapress.
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Bild 3 von 4. Einheimische Hornissen bauen Nester wie dieses gerne an geschützten Orten, etwa unter Hausdächern. Ähnlich sehen manche Primärnester der Asiatischen Hornissen im Frühling aus – von dort aus zügeln die Völker später im Jahr in die Bäume. Bildquelle: Imago / blickwinkel.
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Bild 4 von 4. In den Nestern sind schichtweise Waben angeordnet, in denen Asiatische Hornissen ihren Nachwuchs aufziehen. Bildquelle: SRF.
Bienenzüchterinnen und Bienenzüchter wollen aber nicht tatenlos zusehen. Ihre Strategie zielt auf die Hornissennester, doch diese muss man erst finden. Die kleineren Primärnester der Jungköniginnen etwa an Hausdächern fallen im Frühling noch kaum auf, und die grossen Sekundärnester im Spätsommer sind hoch in Baumkronen gut getarnt.
«Triangulation» heisst der Trick, der den Weg zum Hornissennest weist, wenn man erstmal Individuen gesichtet hat. Vereinfacht erklärt lockt man dazu die Tiere mit Futter an mehreren Orten an, markiert sie optisch und beobachtet sie, wenn sie meist gerade zurückfliegen – wo sich die Linien auf der Landkarte kreuzen, dürfte das Nest hängen.
Aus dem Glas mit zuckrigem Locksaft schaut ein Docht, der den Duft nach aussen bringt. Wenn die Insekten darauf landen und saugen, gilt es zu handeln, sagt Maria Corpataux: «Wenn sie auf dem Docht sitzen, kann man effektiv einfach einen Stift nehmen und versuchen, sie zu bemalen.»
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Bild 1 von 4. Zwei Teilnehmer eines anderen Kurses im Oberbaselbiet markieren eine Hornisse in einem Mini-Käfig mit rotem Nagellack, bevor sie sie zwecks Nestsuche wieder freilassen. Bildquelle: zVg.
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Bild 2 von 4. An Hornissenjagd-Kursen lernt man auch, die Insekten in Glasröhrchen so zu fixieren, dass man gut sichtbare Wollfäden oder leichte Sender anbinden kann. Bildquelle: zVg.
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Bild 3 von 4. Auf diesem ausgedruckten Kartenausschnitt von Hölstein BL wurde mit der Triangulationsmethode ein Nest etwa am Fuss eines Hügels lokalisiert. Bildquelle: zVg.
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Bild 4 von 4. Auch an einem Jagdkurs für Asiatische Hornissen in Wintersingen BL nahmen einige Interessierte teil – vor allem Imkerinnen und Imker beschäftigt das Thema sehr. Bildquelle: zVg.
Asiatische Hornissen so markieren zu wollen, etwa mit Nagellack, sei kaum gefährlich, sagt Corpataux; sie würden einen nur angreifen, wenn man ihrem Nest zu nahe komme. Tatsächlich sind am Kurs bald einige Tiere rot, blau, grün oder weiss markiert. Das erleichtert es, sie bei der Rückkehr vom Nest am Glas zu identifizieren und aus der Flugzeit von Hin- und Rückweg die Distanz abzuleiten. Das Nest danach zu entfernen, das wird Profis mit Schutzkleidern und Hebebühnen überlassen.
Maria Corpataux verweist auf eine explosionsartige Zunahme von Asiatischen Hornissen zum Beispiel im spanischen Galizien. Wo Futterinsekten weggefressen seien, würden sie inzwischen Zwetschgen, Trauben und Birnen anfressen und dort bis zu drei Viertel Ernteausfall verursachen. Überdies liefen den Bauern wegen zunehmender Hornissenstiche Erntehelfende davon. In der Region Basel wisse sie von drei Personen, die sich wegen Stichen Asiatischer Hornissen hätten behandeln lassen müssen.
100 Franken für ein Nest
Der Kanton Baselland hat inzwischen Handlungsbedarf erkannt. Er setzt eine Prämie von 100 Franken pro gefundenes Nest an die Suchtrupps der Bienenvereine aus. Das deckt den grossen Zeitaufwand nicht, soll aber Anerkennung zeigen.
Edi Di Lello hat vor dem Kurs selber schon 30 Stunden erfolglos nach dem Nest bei seinem Bienenstock gesucht. Aufgeben wird er nicht.