Mit dem Wohnmobil Ferien machen, unabhängig und frei sein – das ist der Traum vieler Menschen. Doch dieser Traum hat auch seine Kehrseite. Immer mehr Wohnmobile und Campervans sind auf den Schweizer Strassen unterwegs. Das sorgt für Probleme in der Natur und in den Städten.
Hunderte übernachten wild auf Schweizer Pässen
Bei schönem Wetter hat es zum Beispiel im Sustengebiet im Berner Oberland bis zu hundert Campingbusse. Ein Ranger sorgt dafür, dass sich die Camperinnen und Camper an die Regeln halten und nicht mit Abfall und menschlichen Hinterlassenschaften die Natur belasten. Auch im Goms im Wallis wird derzeit darüber diskutiert, wie man den immer zahlreicher werdenden Freizeitfahrzeugen Herr werden könnte.
Hinzu kommt: Sind die Vans nicht unterwegs, belegen sie in den Quartieren öffentliche Parkflächen. Gerade in Städten verschärfen sie so das Problem der knappen Verkehrsflächen.
Büssli-Boom reisst nicht ab
In der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Wohnmobilen und Vans förmlich durch die Decke gegangen. Die Pandemie ist längst Geschichte, ungebrochen bleibt jedoch das Interesse an Wohnmobilen und Co., wie der jährliche Suisse Caravan Salon dieses Wochenende in Bern zeigte.
«Von der Messe im Oktober bis in den Dezember ist die wichtigste Zeit im Jahr für Verkäufe», sagt Reto Ruchti, Vizepräsident des Branchenverbands Caravaningsuisse. Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten bleibe die Nachfrage ungebrochen.
Es kann nicht sein, dass jemand nur von der Infrastruktur profitiert und nichts dafür bezahlen muss.
Ruchti kennt das Konfliktpotenzial, das der Van-Boom mit sich bringt. Der Verband begrüsse es, dass die Gemeinden die Problematik des Wildcampens vermehrt angehen würden – und auch, dass Camperinnen und Camper für die Nutzung bezahlen. «Es kann nicht sein, dass jemand nur von der Infrastruktur profitiert und nichts dafür bezahlen muss.»
Der Verband berate Gemeinden, zum Beispiel, wenn diese einen Stellplatz für Wohnmobile einrichten wollen. «Wir wissen, wo Schranken für Stellplatzeinfahrten angeschafft werden können und welche Bezahlsysteme sich für die Entrichtung der Stellplatzgebühren eignen.» Aber letztlich sei dies ein politischer Entscheid, auf den sein Verband keinen Einfluss habe, so Ruchti.
Ausserdem werde in Kundengesprächen das Wildcampen thematisiert und über das grosse Angebot an Stellplatz-Apps und Fachzeitschriften informiert. «Es sollte selbstverständlich sein, dass Camperinnen und Camper ihre ‹Geschäfte› nicht in der Natur zurücklassen und ihren Abfall wieder mitnehmen.»
«Kreative Lösungen» anstelle von Verboten
Ruchti betont aber auch die positiven Seiten des Booms: Studien zeigten etwa, dass die Wohnmobilistinnen und Wohnmobilisten in lokalen Restaurants und Geschäften für eine nicht zu unterschätzende Wertschöpfung sorgen würden.
«Es sind kreative und konstruktive Lösungen gefragt und weniger Verbote. Denn nur so können alle von diesem Boom profitieren.» Als Beispiele nennt Ruchti Bergbahnen, die in den Sommermonaten über grosse Parkplätze verfügen und mit Wohnmobilisten ihre Frequenzen steigern könnten. Oder Hotelbetreiberinnen, die ihre Wellnessanlagen oder Restaurants auch für dieses Kundensegment zugänglich machen könnten. Ruchti: «Im Ausland wird dies teilweise bereits erfolgreich praktiziert.»