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Schiedsgericht für Streitfälle Der Bundesrat findet den Reset-Knopf

Wer erwartet hat, dass die Landesregierung in der Europapolitik das Rad neu erfindet, der dürfte enttäuscht sein. Aber gemessen an dem, was realistisch ist, lässt sich nach der Präsentation von Aussenminister Ignazio Cassis festhalten: Der Bundesrat hat den viel zitierten Reset-Knopf gefunden – und ihn auch betätigt.

Er hat sich die Zeit genommen, in drei Sitzungen die Reihen zu schliessen. Er sagt klar, wozu er nicht bereit ist: Abstriche bei den flankierenden Massnahmen zum Schutz vor Lohndumping sind ein No-Go. Bei der Frage der staatlichen Beihilfen, der öffentlichen Gelder für Wirtschaftszweige oder einzelne Unternehmen will er sich von der EU nicht dreinreden lassen. Der Bundesrat sagt aber auch, wozu er bereit ist: Bei der Frage, wie man einen Streit zwischen der Schweiz und der EU beilegt, strebt er eine Lösung mit einem Schiedsgericht an. Und ein Stromabkommen mit der EU ist jetzt klar ein Ziel des Bundesrates.

Ein Reset gibt es nicht nur in Bezug auf den Inhalt, sondern auch in der Art und Weise, wie dieser Inhalt vermittelt wird. Bundesrat Cassis und Chef-Unterhändler Roberto Balzaretti bemühen sich sichtlich, im Detail und auf anschauliche Weise zu erklären, was Sache ist. Das erinnert zwar phasenweise an eine universitäre Vorlesung, kann aber sicher nicht schaden, wenn Politik und Bevölkerung vom eingeschlagenen Weg überzeugt werden sollen.

Fremde Richter und flankierende Massnahmen

Die klaren Konturen und verständlichen Worte zeigen denn auch bereits Wirkung: Mit dem Schiedsgericht entschärft der Bundesrat das heikle Thema fremde Richter, weil immerhin ein Schweizer Richter oder eine Richterin darin Einsitz nehmen könnte. Das besänftigt die FDP und die CVP. Indem er die flankierenden Massnahmen nicht antastet, beruhigt der Bundesrat die linken Parteien und die Gewerkschaften. Und mit seiner roten Linie bei den staatlichen Beihilfen holt er die Kantone ins Boot. Klar abgelehnt wird das bundesrätliche Europa-Konzept heute einzig noch von der SVP, ihr ist das alles zu wenig «Reset». Insgesamt lässt sich sagen: Ein solches Europakonzept hätte gute Chancen, eine Mehrheit im Parlament und beim Volk zu finden.

Tabuzonen bleiben

Bloss braucht es für Verhandlungen immer zwei – und die EU dürfte an der neuen bundesrätlichen Einigkeit kaum Gefallen finden. Dass ein Schiedsgericht EU-Recht auslegt, kommt für sie nicht in Frage. Bei der Frage der staatlichen Beihilfen will sie entscheiden können, was zulässig ist – und zwar bei allen Marktzugangsabkommen und nicht bloss beim Stromabkommen, wie dies dem Bundesrat vorschwebt. Und letztlich fordert Brüssel seit Jahren ein Rahmenabkommen, weil die EU Teile der flankierenden Massnahmen als klare Verstösse gegen das Abkommen über die Personenfreizügigkeit einstuft. Wenn der Bundesrat diesen Bereich nun als unantastbar definiert, dann dürfte Brüssel rasch einmal die «Delete»-Taste betätigen.

Philipp Burkhardt

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Burkhardt ist Leiter der Bundeshausredaktion von Radio SRF, für das er seit 15 Jahren tätig ist. Davor hatte er unter anderem für «10vor10» und die «SonntagsZeitung» gearbeitet.

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