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Schweiz Schneider-Ammanns Gas-Mission in der Kritik

Versorgungssicherheit für die Schweiz. Damit wirbt Wirtschaftsminister Schneider-Ammann in Aserbaidschan für eine neue Gas-Pipeline. Der Verband der Gasindustrie stört sich an der offiziellen Darstellung und verweist auf handfeste Axpo-Interessen. Der WWF hält die Gasmission an sich für bedenklich.

Ilham Aliyev heisst der Präsident von Aserbeidschan. Interessant für die Schweiz ist der autokratische Herrscher vor allem, weil er über grosse Öl- und Erdgasfelder verfügt. Und so reisen Schweizer Bundesräte regelmässig nach Baku ans Kaspische Meer: Moritz Leuenberger war da, Pascal Couchepin, Micheline Calmy-Rey, Doris Leuthard und derzeit Johann Schneider-Amman. Er hat am Freitagmorgen bei Aliyev für den Bau der Trans Adriatic Pipeline TAP lobbyiert.

Die TAP-Pipeline soll Gas von der türkischen Grenze bis nach Italien führen. Das Konkurrenz-Projekt nennt sich Nabucco und führt durch den Balkan nach Österreich. Am TAP-Projekt beteiligt ist mit gut 40 Prozent auch der Schweizer Stromkonzern Axpo.

Es gehe Schneider-Amman nicht nur um Wirtschaftsförderung, stellt sein Sprecher Erik Reumann gegenüber Radio SRF fest. Die Schweiz müsse Energie aus verschiedenen Quellen beziehen, um den Industriestandort konstant versorgen zu können.

Denn Russland hat sich als unsicherer Gaslieferant erwiesen. Daher sagen die Behörden: Es brauche eine Alternative.

Gasverband: Axpo will Werke in Italien speisen

Der Verband der schweizerischen Gasindustrie (VSG) widerspricht: Zwei Drittel des Schweizer Erdgasverbrauchs würden durch Europa gedeckt, insbesondere durch EU-Länder und Norwegen. Nur ein Fünftel des von der Schweiz bezogenen Erdgases stamme aus Russland und dieses sei über Lieferanten in den umliegenden Ländern mit bindenden Verträgen gesichert.

Audio
Die Transadriatische Pipeline und die Gasversorgung
aus Echo der Zeit vom 12.04.2013. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 47 Sekunden.

Die Schweiz sei deshalb nicht auf die neue Pipeline angewiesen, um  die Schweizer Erdgaskunden zu versorgen, betont VSG-Sprecher Daniel Bächtold. Der Axpo gehe es denn auch nicht um Erdgas für die Schweiz, sondern für die eigenen Gaskraftwerke in Italien.

Axpo-Sprecher Richard Rogers bestätigt diese Aussage voll und ganz: Axpo werde das Erdgas aus Aserbaidschan für die Gaskombikraftwerke in Italien verwenden und für die Belieferung der dortigen Industrie. In einem zweiten Schritt könnten aber auch Stadtwerke und Industrieunternehmen in der Schweiz beliefert werden.

WWF: Klima bleibt auf der Strecke

«Sehr bedenklich», stellt Patrick Hofstetter, Leiter Klima beim WWF, fest. Gaskraftwerke seien CO2-Dreckschleudern. Die Schweiz habe sich offiziell verpflichtet, alles zu tun, damit sich das Klima nicht mehr als zwei Grad erwärme.

Um dieses Ziel zu erreichen, dürften bereits ab 2017 keine Infrastrukturen zur Förderung fossiler Energien mehr finanziert werden, betont Hofstetter unter Verweis auf die Angaben der Internationalen Energieagentur: «Also keine neuen Gasfelder erschliessen, keine Pipeline bauen – und schon gar nicht in Zusammenarbeit mit einem korrupten, autokratischen Regime.».

Der WWF erachte es als generell sehr problematisch, wenn sich Bundesräte für wirtschaftliche Interessen einzelner Betriebe einsetzten und gleichzeitig den Klimaschutz wie auch die demokratischen Grundprinzipien mit Füssen träten.

Axpo verteidigt Projekt

Bei Axpo sieht man das natürlich ganz anders. Sprecher Rogers hält dagegen, dass die Gaskombikraftwerke in Italien alte Ölkraftwerke ersetzten und damit der CO2-Ausstoss massiv gesenkt worden sei. Zudem sei ein solches Projekt ohne tatkräftige Unterstützung der Politik gar nicht möglich: Wenn ein Energieunternehmen Erdgas oder Öl aus einem anderen Land beziehen wolle, brauche es zuerst Regierungskontakte. Dies sei weltweit üblich. Und schliesslich diene das Projekt sehr wohl der Versorgungssicherheit der Schweiz. Was Rogers nicht sagt: Das Konkurrenzprojekt Nabucco tut dies genauso.

Welches Projekt am Schluss obsiegt, wird wohl nicht – wie bisher erwartet – im Juni klar, sondern erst Ende Jahr. Das hat Bundesrat Schneider-Amman heute von Präsident Aliyev erfahren.

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