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Schutz durch Taser Oberster Polizeidirektor fordert Taser-Pflicht

Der Fall zweier St. Galler Polizisten, die wegen versuchter Tötung vor Gericht stehen, befeuert eine alte Diskussion.

Es kommt nicht oft vor, aber immer wieder: Polizisten schiessen während eines Einsatzes mit scharfer Munition, Menschen kommen dabei ums Leben. Am Dienstag findet in St. Gallen der Prozess gegen zwei Polizisten der Stadtpolizei statt, die vor gut einem Jahr – ebenfalls während eines Einsatzes – einen Mann erschossen haben. Der Mann war gerade dabei, mit einer Metallpfanne auf eine Frau einzuschlagen. Auch die Frau erlag wenige Stunden später ihren schweren Verletzungen.

Wann darf ein Polizist schiessen?

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Der Schusswaffengebrauch ist in den Polizeigesetzen der Kantone geregelt. Der Inhalt ist meist ähnlich.

Polizistinnen und Polizisten können in folgenden Fällen von der Schusswaffe Gebrauch machen:

  • Wenn sie selbst oder andere bedroht oder angegriffen werden (Notwehr).
  • Wenn ein Verbrecher, eine Verbrecherin fliehen will.
  • Zur Befreiung von Geiseln.
  • Zur Verhinderung eines Verbrechens an Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen.

Nun müssen sich die Polizisten vor dem Kreisgericht St. Gallen wegen versuchter Tötung und mehrfacher schwerer Körperverletzung verantworten. Es stellt sich die Frage: War der Einsatz der Dienstwaffe verhältnismässig? Oder hätte es ein milderes Mittel gegeben?

Ein Polizist richtet einen Taser auf sein Gegenüber.
Legende: Immer beliebter: Der Taser wird der Dienstwaffe beim Polizeieinsatz gerne vorgezogen. Keystone

Vor diesem Hintergrund rückt ein Gerät in den Fokus: der Taser. Dabei handelt es sich um eine Elektroschockwaffe, die das Gegenüber mit einem Stromstoss kurze Zeit ausser Gefecht setzt. Auch Taser sind umstritten, gelten aber im Vergleich zur Schusswaffe als weitaus milderes Mittel, da sie in der Regel nicht tödlich sind. Der Verband Schweizerischer Polizeibeamter, also die Gewerkschaft der Polizistinnen und Polizisten, fordert daher, dass jede Polizeipatrouille künftig mit einem Taser bewaffnet wird.

Forderungen nach Taser-Obligatorium werden immer lauter

Der jüngste tödliche Einsatz einer Dienstwaffe liegt nur ein paar Monate zurück. Im August fühlte sich in Morges (VD) ein Polizist von einem Mann derart bedroht, dass er dreimal auf ihn schoss. Der Mann verstarb noch vor Ort. Jetzt sagt Johanna Bundi Ryser, Präsidentin des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter: «Wir sehen keinen Grund, wieso man die Patrouillen nicht sofort mit Tasern ausrüstet. Damit sie das mildeste Mittel einsetzen können, wenn sie in eine gefährliche Situation geraten.»

Der Taser kann nicht nur mich, sondern auch mein Gegenüber schützen.
Autor: Louis Martin St. Galler Kantonspolizist

Dieser Ansicht ist auch der St. Galler Sicherheitsdirektor Fredy Fässler. Der Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) will, dass Taser obligatorisch werden: «Wenn schon die Pistole obligatorisch ist, wieso soll dann nicht auch das mildere Einsatzmittel obligatorisch werden?» Die Befürchtungen, die man am Anfang gegenüber den Tasern gehabt habe, nämlich dass der Taser als Folterinstrument eingesetzt werden könnte, hätten sich nicht bewahrheitet. Man sehe das allenfalls in den USA, wo oft schlecht ausgebildete Polizistinnen und Polizisten im Einsatz stünden. «Bei uns ist das allerdings ausgeschlossen.»

In fast 100 Fällen Taser eingesetzt

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Die Zahl der Einsätze mit den sogenannten Elektroimpulspistolen ist von 73 im Jahr 2019 auf 96 im Jahr 2020 gestiegen. Zudem sei der Einsatz der Taser in 87 weiteren Fällen angedroht worden, um die Lage zu stabilisieren, meldete die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS) im Frühling.

Diese insgesamt 183 Einsätze mit Tasern entsprechen laut KKPKS einem Anstieg um 7.6 Prozent.

Ausbildung ist Pflicht

Selbst die Polizisten und Polizistinnen, die bereits heute einen Taser benutzen, sind froh über das zusätzliche Einsatzmittel. So etwa der St. Galler Kantonspolizist Louis Martin. Er hat vor drei Jahren die freiwillige Taser-Ausbildung absolviert, die für den Taser-Einsatz Pflicht ist. «Ich habe mit dem Taser ein Einsatzmittel erhalten, das nicht nur mich komplett schützen kann, sondern auch mein Gegenüber, sollte das in einer aussergewöhnlichen Situation einmal nötig werden.»

Wenn schon die Pistole obligatorisch ist, wieso soll nicht auch das mildere Einsatzmittel obligatorisch werden?
Autor: Fredy Fässler KKJPD-Präsident

Obwohl die Polizei den Taser gegenüber der Schusswaffe vermehrt bevorzugt: Weshalb ist das Obligatorium nicht schon längst Tatsache? Bruno Zanga, Kommandant der Kantonspolizei St. Gallen, dämpft die Euphorie. Gerade die älteren Einsatzkräfte zögerten manchmal, wenn es um den Einsatz von Tasern gehe. «Man muss eine Bereitschaft mitbringen, den Taser zu gebrauchen. Und man muss sich auch auf die Ausbildung einlassen, sonst gefährdet man sich selbst und die Mitarbeiter», sagt Zanga.

10vor10, 22.11.2021, 21:50 Uhr ; 

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