Hinter den Plänen des Bundesrates steht die Entwicklung bei den Ergänzungsleistungen (EL). Immer mehr Rentner sind auf diese Leistungen angewiesen. Eine mögliche Erklärung des Bundesrates: Das Geld, das den Leuten im Rentenalter fehlt, wurde zuvor aus der Pensionskasse entnommen und in ein Eigenheim gesteckt. Ergänzungsleistungen darf beziehen, wer mit seiner Rente aus AHV und Pensionskasse seinen Lebensunterhalt nicht finanzieren kann.
Gemäss Manuela Weichelt-Picard, Regierungsrätin Grüne/ZG, betrugen die EL im Jahr 1998 2,1 Milliarden Franken, 2013 bereits 4,5 Milliarden. Dies entspricht einer Steigerung von 108 Prozent. Rund zwei Drittel zahlen dabei die Kantone. Auch die Zahl der Bezüger sei stark gestiegen – von rund 190'000 auf 300'000. «Da fragt man sich als Sozialdirektorin: Was ist da los? Woran liegt das?»
Viele Gründe seien bekannt: Demographie, die alternde Bevölkerung, die Pflegebedürftigkeit. Als Regierungsrätin könne man aber nicht einfach tatenlos zuschauen. «Es sind Fehlanreize vorhanden und gewisse Korrekturen sind möglich», so Weichelt-Picard.
Auch Hans-Peter Portmann, Nationalrat FDP Liberale/ZH, stellt fest, dass es im Bereich der EL einige Baustellen gibt. Diese seien aber sicher nicht beim Wohneigentum an sich zu suchen. «Wenn beispielsweise jemand bei der Pensionierung das ganze Geld bezieht, irgendwo im asiatischen Raum wie der Herrgott lebt und dann armengenössig zurückkehrt – das ist ein echtes Problem.»
Immopreise senken
Jacqueline Badran, Nationalrätin SP/ZH, sieht das Problem bei den steigenden Preisen im Immobilienmarkt, was sich auch auf die Ergänzungsleistungen auswirke. Denn von den 4,5 Milliarden Franken EL kamen 2 Milliarden Wohnzuschüssen zuteil.
Sie stehe hinter Verfassungsartikel 108 über die Wohnbau- und Wohneigentumsförderung, betont Badran. «Der Vorbezug hat aber einzig und allein den Effekt, dass Wohneigentum teurer wird. Der Vorbezug von PK-Geldern ist keine Förderung, sondern ein Hindernis, Wohneigentum zu kaufen.» So müsse man schauen, dass die Immobilienpreise sinken.
Geld gehört nicht dem Bundesrat
Ganz anders sieht es Ansgar Gmür, Direktor Hauseigentümerverband HEV. Seiner Meinung nach sind der Wunsch nach mehr Wohnraum, die Masseneinwanderung und der Anstieg der Baukosten die wichtigsten Preistreiber im Immobilienmarkt.
Ihn stört aber am Vorschlag des Bundesrates etwas ganz anderes: «Das Pensionskassengeld gehört dem Versicherten und nicht dem Bundesrat.» Es könne nicht sein, dass der Bundesrat über das Geld verfüge, das der Bürger eingezahlt habe. Denn: «Das Problem bei den Ergänzungsleistungen liegt nicht bei den Wohneigentümern, sondern in der Demographie und den Pflegekosten.»
«Wir wollen kein Denkverbot»
Auf die Kritik am bundesrätlichen «Versuchsballon» in der Sache reagiert Jürg Brechbühl, Direktor Bundesamt für Sozialversicherungen, der sich ebenfalls im Studio befindet. Die Zahlen bei den Ergänzungsleistungen sprächen für sich, Lösungen seien nötig. «Wir wollen kein Denkverbot, wir wollen verschiedene Massnahmen prüfen.»
Ein Auftrag an Bund und Gesetzgeber sei es zu gewährleisten, dass die Renten der beruflichen Vorsorge den Lebensstandard in angemessener Weise erhalten könnten, so Brechbühl.
Weichelt-Picard erinnert daran, dass im Kanton Schwyz über 22 Prozent, die Pensionskassen-Kapital bezogen haben, nun EL erhalten. «Wer zahlt diese? Der Steuerzahler.»
Verschärfte Hypothekenvergabe
Im zweiten Teil der «Arena» wurde angeregt über die angekündigten Verschärfungen der Banken bei der Hypothekenvergabe diskutiert. Gemäss Portmann erschweren diese Entscheide den Hauskauf tatsächlich. «Die Banken geben mit diesen Regulierungen weniger schnell Geld raus.»
Eine solche Massnahme dämpfe die Nachfrage, kommentiert Immobilienexperte Stefan Fahrländer. Demnach könnten weniger Leute Wohneigentum kaufen. Betroffen seien Personen mit wenig Eigenkapital und diejenigen mit wenig Einkommen.
Es könnten nun mal nicht alle Leute am Bürkliplatz wohnen für 1000 Franken mit Seeblick, wendet Gmür ein. Dafür reiche der Platz nicht. Es sei aber auch nicht möglich, dass sie vor die Zuger Bevölkerung stehe und sage: ‹Diejenigen mit geringen Einkommen müssen wegziehen›, entgegnet Weichelt-Picard. Der Staat müsse da andere Massnahmen ergreifen.
Und damit verabschiedet sich die «Arena» in die Sommerpause – und Urs Wiedmer nach dreieinhalb Jahren als Moderator.