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Schweiz «Arena»: Ausstieg aus der Atomenergie oder doch nicht?

Der Bundesrat hat kurz nach der Katastrophe von Fukushima 2011 den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Den Weg dazu soll die «Energiestrategie 2050» mit mehr erneuerbaren Energien und weniger Stromverbrauch ebnen. Doch wie gross ist überhaupt der Wille zum Atomausstieg?

Kurz nach der Katastrophe von Fukushima am 12. März 2011 beschloss der Bundesrat den Ausstieg aus der Atomenergie.

Trotz dieser medienwirksamen Ankündigung steht ein genauer Termin noch immer nicht fest – falls es diesen überhaupt jemals geben wird. Denn der aktuelle Vorschlag des Bundesrates zum angekündigten «Atomausstieg» lautet: Atomkraftwerke dürfen solange weiterlaufen, wie sie laut dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) sicher sind.

In der Arena «diskutierten»:

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Bastien Girod , Vizepräsident Grüne, Nationalrat Grüne/ZH

Albert Rösti , Nationalrat SVP/BE

Franz Hohler , Schriftsteller und Kabarettist

Kurt Rohrbach , Präsident Verband Schweizerische Elektrizitätsunternehmen

Das Thema bleibt aktuell wie eh und je. Gerade in den letzten Tagen erhielten viele Schweizer rund um den erweiterten AKW-Gefahrenbereich Jodtabletten.

Die Verteilung solcher Tabletten durch den Bund ist für den Nationalrat der Grünen, Bastien Girod ein klares Zeichen, dass das Risiko von AKWs real ist. «Es kann immer etwas passieren. Es kann jemand in ein Kernkraftwerk eindringen, wie beispielsweise in Beznau oder in Belgien. Oder ein Flugzeug stürzt ab. AKWs sind davor nicht sicher», so Girod.

«Wir können uns auf unsere Sicherheitsbehörden verlassen», sagt SVP-Nationalrat Albert Rösti. Das müsse er auch, denn als Politiker sei er ein Laie und kein Atomenergie-Experte. «Dem Stresstest zufolge gehören unsere AKWs im Vergleich zu denen in Europa zu den sichersten.» Wenn Schweizer Atomkraftwerke unsicher wären, wäre er der erste, der sagen würde: «Wir müssen sie heute abschalten.»

«Wir alle sind die Atom-Experten»

Franz Hohler, Schriftsteller und Kabarettist, lässt den Einwand Röstis, kein Atom-Experte zu sein, nicht gelten. Als der frühere Energieminister Adolf Ogi 1989 auf den Atomphysiker und Physik-Nobelpreisträger Carlo Rubbia traf, habe Ogi ihn gefragt, ob ein Kernreaktor sicher sei, erzählt Hohler. Rubbia habe geantwortet: Ogi müsse da die Experten fragen. «Für mich heisst das, dass die Experten sie sind, Herr Rösti, sie und ich. Wir alle sind die Experten», sagt der Schriftsteller.

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Auch der Präsident des Elektrizitätsunternehmen-Verbandes, Kurt Rohrbach, streitet die Gefahr von AKWs nicht ab. Man müsse die Risiken klar benennen, damit man überhaupt Massnahmen gegen diese ergreifen könne. «Sonst wird man plötzlich nachlässig.» Rohrbach betont, dass die meisten Kernkraftwerke mehr in Nachrüstungen investiert haben als der Neubau gekostet habe.

«Die Sicherheit kann nicht isoliert von unserer Stromnachfrage beurteilt werden», gibt SVP-Nationalrat Rösti zu bedenken. «Wir brauchen den Strom. Die Frage ist: Wo haben wir am wenigsten Restrisiko?» Sei das Risiko kleiner, wenn man Schweizer Kernkraftwerke abschalten und den Strom von einem ausländischen Werk, das die Schweiz nicht kontrollieren könne, importieren würde? Das unmittelbare Restrisiko sei in dem Fall zwar kleiner, doch für Rösti sei das eine Vogel-Strauss-Politik. «Wir haben im Berner Oberland auch Staumauern. Da gibt es auch ein Restrisiko.»

Strom aus dem Ausland? Das kommt für den Politiker der Grünen nicht in Frage. Die Schweiz habe genug Potential für erneuerbare Energien, sagt Bastien Girod.

36,4 Prozent der Schweizer Stromproduktion stammt heute aus Kernkraft. Daniel Büchel, Vizedirektor des Bundesamtes für Energie, sagt: «Ja, man kann die Kernkraft ersetzen. Aber dies ist eine Frage der Zeit und der Kosten.»

Am Montag verhandelt der Nationalrat über die Energiestrategie 2050. Der aktuelle Vorschlag der Nationalrats-Kommission lautet: AKWs dürfen 40 Jahre weiterlaufen. Danach soll man die Sicherheit der Werke alle zehn Jahre überprüfen.

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