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Schweiz «Diesmal kann Blatter die Verantwortung nicht abschieben»

Dass Sepp Blatter von gewissen Machenschaften in der Fifa gewusst haben musste, davon waren viele überzeugt. Aber jetzt ermittelt erstmals eine Strafbehörde gegen den Fifa-Präsidenten. Die Bundesanwaltschaft hat ein Strafverfahren wegen Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung eröffnet.

Die Schweizer Justizbehörden ermitteln gegen Fifa-Präsident Sepp Blatter. Das schreibt die Bundesanwaltschaft in einer Mitteilung vom Freitagnachmittag. Davor hatte der Weltfussballverband eine geplante Pressekonferenz mit dem Präsidenten ohne Angabe von Gründen abgesagt. Ermittelt werde wegen «Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung sowie – eventualiter – wegen Veruntreuung.»

Konkret wirft die Bundesanwaltschaft Blatter unter anderem «eine treuwidrige Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken im Februar 2011 zu Lasten der Fifa» an Uefa-Präsident Michel Platini vor. Der Franzose gilt in der Sache offenbar nicht als Beschuldigter, sondern wurde lediglich als Auskunftsperson befragt.

Die Luft für Blatter wird dünn

Auch der vor zwei Wochen von SRF publik gemachte Verkauf von TV-Rechten an den karibischen Funktionär und ehemaligen Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner zu Spottpreisen ist Gegenstand der Ermittlungen. Sepp Blatter soll 2005 mit Warner «einen für die FIFA ungünstigen Vertrag abgeschlossen» haben, heisst es in der Mitteilung.

SRF-Fifa-Experte Jean François Tanda erklärte zu den Ermittlungen gegen Blatter bezüglich dieses Vertrages bei «10vor10»: «Anders ist diesmal, dass es um einen Vertrag geht, den Sepp Blatter eigenhändig und persönlich unterschrieben hat. Er hatte damals noch Einzelunterschrift in der Fifa und musste Verträge niemandem zeigen.» Damit könne er die Verantwortung auf niemanden abschieben, sagt Tanda.

Die grosse Frage ist nun, ob Blatter sein Amt wegen der Beschuldigungen abgeben wird. Bisher deute nichts darauf hin, sagt Tanda. «Es wird wohl an seinen Kollegen aus dem Fifa-Vorstand liegen, darüber zu entscheiden, ob Sepp Blatter trotz dieser Beschuldigungen das Amt bis Februar weiterführen kann.»

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Verhört und durchsucht

Sepp Blatter sei im Anschluss an die Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees in Zürich am Freitag von der Bundesanwaltschaft als Beschuldigter befragt worden, sagte André Marty, Sprecher der Bundesanwaltschaft, im Interview mit der «Tagesschau».

Am Fifa-Hauptsitz sei ausserdem mit Unterstützung der Bundeskriminalpolizei eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden. Wie es in der Mitteilung der Bundesanwaltschaft heisst, wurden dabei in Sepp Blatters Büro Daten sichergestellt.

Blatter-Anwalt weist Vorwürfe zurück

Die Fifa bestätigte in einem Statement die Hausdurchsuchung und betonte, seit Beginn der Untersuchungen mit den Behörden zu kooperieren. Ein Anwalt Blatters wies die Vorwürfe gegenüber der «New York Times» zurück. «Es hat zweifellos kein Missmanagement gegeben», sagte Richard Cullen von der Kanzlei McGuireWoods, die Blatter vertritt. Man sei zuversichtlich, dass auch die Schweizer Behörden zu diesem Schluss kommen würden. Blatter werde auch mit den Ermittlungsbehörden kooperieren.

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