Werner Gartenmann konnte die Nachricht aus Grossbritannien zuerst gar nicht glauben. Er sei im Moment «positiv schockiert» gewesen, so der Geschäftsführer der Auns (Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz). Als die erste Überraschung verflogen war, liess Gartenmann dann zur Feier des Brexit-Tages die Korken knallen. Es wurde Champagner getrunken.
Das war gestern. Heute stellt Gartenmann bereits wieder seine alte politische Forderung: «Es spielt überhaupt keine Rolle, welche Auswirkungen der Brexit hat und was Brüssel denkt. Der Artikel muss umgesetzt werden.»
Auns versus Rasa
Gemeint ist der Zuwanderungs-Artikel 121a in der Bundesverfassung. Doch just diesen Artikel will die sogenannte Rasa-Initiative, die vergangenen Herbst von einem bunten Bürgerkomitee eingereicht wurde, wieder aus der Verfassung kippen.
Gemach, Gemach, sagt dazu der Auns-Geschäftsführer. Die Initiative mache ihm überhaupt keine Angst. «Man hört ja auch schon, Rasa wird unter Umständen zurückgezogen, wenn der Bundesverfassungsartikel zur Regelung der Masseneinwanderung entsprechend ausgestaltet wird.»
Doch ist der Brexit jetzt eigentlich gut oder schlecht für die Rasa-Initiative? Andreas Auer, emeritierter Staatsrechtsprofessor und Rasa-Vorstandsmitglied lacht. «Wenn ich das wüsste, wäre ich Hellseher.»
Eine Lösung scheint fern
Was Auer freilich weiss: Auf linker Seite werden am Tag nach dem Brexit-Beschluss Stimmen laut, die einen Gegenvorschlag zur Rasa-Initiative fordern.
Der Gegenvorschlag, so die SP, müsste den bilateralen Weg sichern und den Spielraum bei der Zuwanderung ausschöpfen. Von einer echten Lösung sei man jedenfalls auch nach dem Brexit noch weit entfernt, sagt Auer. «Tatsache ist, dass Rasa die einzige klare Alternative zum jetzigen unbefriedigenden Zustand ist.»
Allerdings ist Rasa politisch ein heisses Eisen und würde an der Urne derzeit höchstwahrscheinlich scheitern. Deshalb lässt man in Bundesbern – zumindest vorläufig noch – lieber die Finger davon. Brexit hin oder her.