Zum Inhalt springen

Schweiz-EU Was wollen die Gewerkschaften, Herr Wüthrich?

Verhandelt wird in Brüssel – verhandelt wird aber auch unter den Sozialpartnern in der Schweiz: Und zwar über die neuen Abkommen mit der EU. Unter Protest hat der Gewerkschaftsbund SGB den Runden Tisch verlassen. Adrian Wüthrich, Präsident des kleineren Dachverbandes Travail Suisse, ist geblieben.

Adrian Wüthrich

Präsident Travail Suisse

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Adrian Wüthrich ist seit 2015 Präsident von Travail Suisse. Der Dachverband der Arbeitnehmenden hat nach eigenen Angaben 150'000 Mitglieder aus Privatwirtschaft und Service public. Wüthrich ist SP-Mitglied und war 2018 bis 2019 Nationalrat.

SRF News: Der Gewerkschaftsbund hat den Runden Tisch verlassen, Travail Suisse verhandelt weiter mit dem Arbeitgeberverband und dem Gewerbeverband. Welches Signal senden da die Gewerkschaften?

Adrian Wüthrich: Das Signal ist dasselbe: Inhaltlich haben wir absolut keine Differenzen. Wir haben beide das Interesse, das Beste für die Arbeitnehmenden herauszuholen. Wir wollen, dass der Lohnschutz erhalten bleibt.

Der Bundesrat hat noch nichts gesagt, wie er innenpolitisch den Lohnschutz sichern will. Wir kämpfen zusammen weiter und wir stimmen uns immer noch gut ab. Ich glaube, der Bundesrat wird alles daransetzen, damit auch der Gewerkschaftsbund wieder an den Tisch kommt. Wenn wir am Schluss keine Lösung haben, wird Travail Suisse die Abkommen auch nicht unterstützen.

Sehen Sie inhaltliche Fortschritte beim Runden Tisch?

Wir haben eine Lösung mit den Arbeitgebern gefunden bei der Forderung der EU, die Voranmeldefrist von acht auf vier Tage zu verkürzen. Dank der Digitalisierung können wir die Meldungen der Firmen schneller übermitteln und dadurch sollte es möglich sein, Kontrollen am Arbeitsplatz innert vier Tagen zu realisieren.

Erst wenn der Bundesrat definiert, welche inländischen Massnahmen er will, kann Travail Suisse entscheiden, ob wir diesen neuen Vertrag unterstützen werden oder nicht.

Wenn die Arbeitgeber auf Verhandlungen zu Mindestlöhnen und mehr Gesamtarbeitsverträgen einsteigen, wird auch der SGB wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren?

Ich gehe davon aus, dass dies der entscheidende Schritt ist. Die zweite Voraussetzung ist, dass der Bundesrat Farbe bekennt und definiert, welche inländischen Massnahmen er will. Erst dann kann Travail Suisse entscheiden, ob wir diesen neuen Vertrag unterstützen werden oder nicht.

Was legen die Gewerkschaften in die Waagschale?

Den Europäischen Gerichtshof können wir mit einer sogenannten Non-Regression-Klausel wohl annehmen. Bei den institutionellen Fragen haben wir den Schritt gemacht.

Wie wichtig sind die neuen Abkommen mit der EU für die Gewerkschaften auf einer Skala von eins bis zehn?

Wir möchten das Verhältnis zur EU verbessern. Auf einer Skala von eins bis zehn würde ich sagen: neun. Für uns ist es sehr wichtig. Deshalb suchen wir auch Lösungen. Aber es braucht beide. Es braucht auch ein Commitment der Wirtschaft, dass sie bereit ist, mit uns zusammen hinzustehen.

Welche Verantwortung übernimmt Travail Suisse für den Ausgang eines neuen Abkommens mit der EU?

Wir zeigen mit unserer Gesprächsbereitschaft, dass wir bereit sind, eine grosse Verantwortung zu übernehmen. Aber wir müssen auch aufzeigen können, dass diese neuen Verträge ein Gewinn für die Arbeitnehmenden sind.

Der Lohnschutz muss erhalten bleiben, sonst werden wir das Abkommen bekämpfen.

Es nützt nichts, wenn ein paar Gewerkschaftsfunktionäre einlenken, wenn die Mitglieder dann nicht zustimmen. Der Lohnschutz muss erhalten bleiben, sonst werden wir das Abkommen bekämpfen.

Das Gespräch führte Karoline Arn.

Adrian Wüthrich gestikuliert an einer Medienkonferenz
Legende: Adrian Wüthrich, der Präsident von Travail Suisse (Bild: 02.05.17) KEYSTONE/Marcel Bieri

Tagesgespräch, 05.04.24, 13 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel