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Schweiz Fallpauschalen: Doch kein Schreckgespenst?

Sie hatten grosse Befürchtungen ausgelöst, die Fallpauschalen in den Schweizer Spitälern. Von blutigen Entlassungen war die Rede, davon, dass Patienten zu früh nach Hause geschickt würden. Nun anderthalb Jahre später: die Bilanz.

Kritik an Fallpauschalen

Seit Anfang 2012 erhalten alle Spitäler in der Schweiz einen fixen Betrag zum Beispiel für eine Blinddarm- oder eine Meniskusoperation – eine so genannte Fallpauschale. Dieser Systemwechsel habe sich bewährt, sagt Bernhard Wegmüller, Direktor des Spitalverbandes H-Plus: «Das neue Fallpauschalen-System funktioniert, kann angewendet werden und führt im Alltag nicht zu grösseren Problemen.»

Die Befürchtung, dass Patientinnen und Patienten zu früh aus dem Spital nach Hause geschickt würden, habe sich nicht bewahrheitet: «Wir sehen absolut keine Anhaltspunkte, dass wir dort Probleme haben.» Es werde immer Einzelfälle geben und die müsse man vermeiden.

Fallpauschalen zu tief berechnet

Bei den Investitionskosten sind die Spitäler hingegen nicht zufrieden. Nach dem neuen System müssen sie die Anschaffung moderner Apparate und den Bau neuer Gebäude mit den Einnahmen der Fallpauschalen bezahlen. Doch die Fallpauschalen seien zu tief berechnet und müssten angehoben werden, sagt Wegmüller weiter.

Patienten unzufrieden

Auch gar nicht zufrieden seien die Patienten, sagt Margrith Kessler, Präsidentin der Patientenschutzorganisation. «Vor allem die betagten Menschen sind nicht sehr gut aufgehoben. Sie müssen sehr schnell in die Rehabilitation, in Alterspflegeheime zurück.» Die Angehörigen beklagten sich darüber. Sie seien überfordert.

Eine grundsätzlich positive Bilanz der Fallpauschalen ziehen ebenfalls die Kantone, wie Carlo Conti, Präsident der Konferenz der Kantonalen Gesundheitsdirektoren, sagt: «Allen Befürchtungen zum Trotz ist die Einführung der neuen Spital-Finanzierung ohne grosse Probleme über die Bühne gegangen. Es gibt da und dort noch Kleinigkeiten, die zu verbessern sind.»

Auch die Krankenkassen widersprechen hier nicht: Der Systemwechsel habe funktioniert. Doch die Kosten seien noch zu hoch, sagt Paul Rhyn vom Krankenkassenverband Santésuisse. Die Krankenkassen wünschen sich mehr Wettbewerb unter den Spitälern: «Wir stellen uns vor, dass mittelfristig nicht mehr so viele Spitäler in der Schweiz die ganze Breite aller medizinischer Aufgaben wahrnehmen müssen.»

Spitäler grundsätzlich zufrieden

Hier seien die Spitäler noch nicht am Ziel, sagt Rhyn. Aber es gehe in die richtige Richtung: «Dort wo ganz dringend Anpassungen notwendig sind, werden die Tarif-Strukturen angepasst. So, dass kritische Äusserungen der Spitäler verstummen werden.»

Im Grundsatz also viel Zufriedenheit bei Spitälern, Krankenkassen und Kantonen: Dennoch, um das liebe Geld wird weiter gestritten. Die Tarife für das letzte Jahr sind noch provisorisch: Die Spitäler haben sie angefochten. Jetzt müssen die Gerichte entscheiden. Und die Tarife der Fallpauschalen für das nächste Jahr werden wieder neu ausgehandelt.

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