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Schweiz FDP-Inserat erhitzt die Gemüter in der eigenen Partei

Die FDP kritisiert in grossen Anzeigen die stetig wachsende Zuwanderung aus Drittstaaten. Eine Kritik, die parteiintern für Wirbel sorgt. Denn die Wirtschaft ist auf diese Arbeitskräfte angewiesen. Politisiert die FDP an der Wirtschaft vorbei?

Die FDP Schweiz hat am Wochenende ganzseitige Inserate geschaltet. In grossen, blauen Lettern stand da: «Ausländer- und Asylpolitik: Die FDP nimmt Stellung. Heute zur Drittstaateneinwanderung.» Und weiter: «Noch immer werden nicht alle Möglichkeiten zur Beschränkung der Einwanderung umgesetzt. Obwohl das die FDP seit Jahren verlangt.»

Die Aussage ist eindeutig: Nach wie vor gebe es viel zu viele Einwanderer – obschon die Stimmbevölkerung am 9. Februar die Masseneinwanderungsinitiative der SVP angenommen hat. Das Problem seien dabei vor allem die Zehntausenden von Einwanderern aus Drittstaaten.

Die Kritik auf dieses Inserat liess nicht lange auf sich warten. Die «Basler Zeitung» zitierte FDP-Frau Barbara Gutzwiller, Direktorin des Arbeitgeberverbands Basel. Sie sagte, die FDP Schweiz politisiere völlig an der Wirtschaft vorbei.

Man sei dringend auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen, und eben auch auf solche aus den sogenannten Drittstaaten. Der Wirtschaft tue es schon genug weh, dass der Bundesrat vor einigen Wochen die Kontingente für qualifizierte Fachkräfte aus Indien, China oder den USA um 2000 pro Jahr gesenkt hatte.

Pharmabranche auf Ausländer angewiesen

Keine Freude an den Inseraten seiner Partei hat auch FDP-Mann Christoph Buser. Er ist Direktor der Wirtschaftskammer Baselland. «Die Inserate sind aus meiner Sicht ungeschickt dahergekommen. Ich glaube, es wird zu fest pauschalisiert», sagt er. Seine Region, die Nordwestschweiz, brauche diese Fachkräfte besonders dringend, beispielsweise wegen der Pharmabranche in Basel. «Deshalb habe ich diese Inserate jetzt auch nicht speziell toll gefunden.»

FDP-Parteipräsident Müller von der Seite hinter einer Schweizer Fahne und mit einem Mikrophon an der Backe.
Legende: FDP-Parteipräsident Müller setzt im Wahlkampf auf das Instrument Zeitungsinserat. Keystone

Nicht speziell toll: Das unterschreibt auch Franz Saladin, der Direktor der Handelskammer beider Basel – und er geht noch weiter. Das Inserat sei völlig unnötig: «Ich war von diesem Inserat genauso erstaunt wie vom Bundesratsentscheid, die Kontingente für Drittstaaten zu halbieren. Ohne Not wurde dieser Entschluss gefasst. Und ohne Not hat sich auch die FDP hier entschieden, vor dem Wahlkampf auf ein Thema zu setzen, das populär ist.»

Zu seinem Parteipräsidenten Philipp Müller, der das Inserat verantwortet, sagt Saladin: «Er ist eine sehr intelligente Person. Er weiss, was er tut. Aber er ist einer Modeströmung aufgesessen und hat die Tugend der Wirtschaftspolitik verlassen.» Was sehr wahrscheinlich auch damit zu tun habe, dass nächstes Jahr Wahlen sind, und man wohl innerhalb der FDP einfach nervös sei, so Saladin.

FDP-Parteispitze: «Inserat stimmt in allen Teilen»

Der Angesprochene, Parteipräsident Müller, versteht die Aufregung und die Kritik nicht, die das Inserat ausgelöst hat. Er bestreite ja gar nicht, dass es qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten brauche. Von dem sei auch gar keine Rede im Inserat.

«Es geht darum, dass jedes Jahr über 40'000 Menschen eine neue, definitive Aufenthaltsbewilligung erhalten, um in der Schweiz zu leben. Davon sind nur 3500 pro Jahr – bisher zumindest – Arbeitskräftekontingente.» Es kämen zu viele Leute aus Drittstaaten, die dann in der Schweiz nicht arbeiten würden. Und das gehe aus dem Inserat klar hervor. Man müsse es nur richtig lesen. «Das Inserat ist sehr präzise, faktengenau und stimmt in allen Teilen», sagt Müller.

Unmut schürt das Inserat unter Müllers freisinnigen Parlamentskollegen im Bundeshaus. Allerdings nur inoffiziell. Öffentlich will niemand der Fraktion den eigenen Parteipräsidenten kritisieren. Der hat übrigens angekündigt, künftig jeden Monat ein Inserat zu einem aktuellen Thema zu schalten.

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