«Ich werde das Amt nicht vermissen, wohl aber die Menschen, die ich kennengelernt habe», so beschreibt Eveline Widmer-Schlumpf ihre Gefühlslage nach ihrem letzten Auftritt vor dem Parlament.
«Ich bin hier acht Jahre ein und aus gegangen und habe viele konstruktive Politiker aus allen Parteien erlebt, die sich bemühen, die Schweiz voranzubringen, miteinander gute Lösungen zu finden und den destruktiven Kräften etwas entgegenzuhalten.»
Auf den Weg zu einem saubereren Finanzplatz
Viele Aufgaben seien abgeschlossen oder zumindest «auf den Schienen», bilanziert die abtretende Bundesrätin im «Tagesgespräch» von Radio SRF. So etwa die Grossbanken-Regulierung, die Unternehmenssteuerreform und natürlich der automatische Informationsaustausch von Steuerdaten.
Zwar habe ihr Vorgänger Hans-Rudolf Merz im Jahr 2008 tatsächlich gesagt, am Bankgeheimnis werde sich das Ausland noch die Zähne ausbeissen. Doch schon 2009 habe Merz im Bundesrat vorgeschlagen, die künftigen OECD-Standards gegen die Steuerhinterziehung zu übernehmen. Der Kurs hin zu einem transparenteren und sauberen Finanzplatz sei also schon eingeschlagen worden, bevor sie Finanzministerin geworden sei.
«In der Finanzkrise haben sich viele Staaten stark verschuldet, um ihre Banken zu retten», erinnert sich Widmer-Schlumpf. «Und deswegen haben sie begonnen, nach dem Geld zu suchen, das ihre Staatsbürger ins Ausland abtransportiert hatten.» So gab es international immer mehr Druck auf den Schweizer Finanzplatz. «Auch wir haben uns gefragt: Ist es richtig, wenn wir unversteuerte Gelder haben aus anderen Ländern, auch aus solchen, in denen wir Entwicklungshilfe leisten? Ist das ein Geschäftsmodell, das Zukunft hat?»
«Die Schweiz hat mehr zu bieten: ein gutes Umfeld, politische Stabilität und kompetente, kompetitive Banken.»
Die Entwicklung zeige, dass sich der Schweizer Finanzplatz bewährt habe, auch ohne Bankgeheimnis für Steuerhinterzieher. «Die Schweiz hat mehr zu bieten: ein gutes Umfeld, politische Stabilität und kompetente, kompetitive Banken.»
Alle wollen sparen, aber anderswo
Die Schweiz erzielte auch während der Finanzkrise mehrmals Milliardenüberschüsse und konnte Schulden abbauen. Es sei aber nicht immer einfach gewesen, diese Budgetdisziplin durchzuhalten: «Alle sind fürs Sparen, aber alle sagen, bitte nicht bei mir», so die abtretende Bundesrätin. «Dann habe ich jeweils geantwortet: Also, sagt mir bitte, wo wir sonst sparen sollen!» So habe sie ihre Budgets jeweils durchgebracht. Mit Ausnahmen - wie etwa bei der Landwirtschaft, die bei der jetzigen Sparrunde ungeschoren davon kommt.
Die BDP soll nicht immer nur mit Eveline Widmer-Schlumpf in Verbindung gebracht werden.
Ihre Partei, die bürgerlich-demokratische BDP, wurde immer wieder im selben Atemzug wie Eveline Widmer-Schlumpf genannt. Auf die Frage, ob sie nun nach ihrem, Rücktritt als Bundesrätin ein Amt in der Partei zu übernehmen gedenke, etwa als Vizepräsidentin, antwortet sie: «Nein, das wäre jetzt nicht sinnvoll. Ich habe immer gesagt, dass die BDP nicht immer nur mit Eveline Widmer-Schlumpf in Verbindung gebracht werden soll.»
Das Gespräch führte Susanne Brunner.