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Schweiz Insieme-Skandal: Prozess endet mit Schuld- und Freisprüchen

Das Bundesstrafgericht hat entschieden: Im Insieme-Skandal werden ein Ex-Kadermann der Bundesverwaltung zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt, die beiden beteiligten IT-Unternehmer zu Geldstrafen. Als Hauptstrafbestand wurde «ungetreue Amtsführung» angeführt.

Vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona standen drei Akteure im Bestechungs- und Korruptionsfall rund um das Informatikprojekt Insieme des Bundes: Der einstige Beschaffungschef von IT-Dienstleistungen in der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) sowie zwei mitangeklagte IT-Unternehmer.

«Bund mehrfach geschädigt»

Mit der bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten und einer Geldstrafe von 27'000 Franken für den Ex-Kadermann der Bundesverwaltung blieb der Richter knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten für den Ex-Beschaffungschef von IT-Dienstleistungen in der ESTV gefordert. Die Anklage hatte ausserdem eine bedingte Geldstrafe von 6000 Franken beantragt.

Der Verurteilte habe als Bundesbeamter in der Eidgenössischen Steuerverwaltung Entscheide nicht nur mitgetragen, sondern diese auch wesentlich beeinflusst. Der Richter sah es als erwiesen an, dass der heute 60-Jährige bei der Vergabe von Dienstleistungsverträgen im Rahmen von «Insieme» die «ideellen Interessen des Bundes» mehrfach geschädigt habe. Wiederholt seien Aufträge «freihändig» an die ebenfalls Verurteilten IT-Unternehmer vergeben worden.

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Zusätzlich wurde der Hauptangeklagte der mehrfachen Vorteilsnahme für schuldig befunden. Innerhalb von dreieinhalb Jahren sei der Ex-Kaderbeamte insgesamt 22 Mal und für einen Wert von 5000 Franken zu Essen und Veranstaltungen eingeladen worden. Vor Gericht habe er versucht, sich mit «Schutzbehauptungen» aus der Affäre zu ziehen. Vom Tatbestand Bestechung und mehrfaher Urkundenfälschung wurde der Mann aber freigesprochen.

Keine «harte Bestechung»

Die beiden angeklagten IT-Unternehmer erhielten jeweils Geldstrafen von 15'000 und 40'000 Franken. Die Strafen fielen geringer aus, als von der Staatsanwaltschaft gefordert worden war. Die Verteidiger der drei Angeklagten hatten jeweils einen Freispruch auf ganzer Linie beantragt.

Laut SRF-Korrespondent Daniel Schäfer ist das geringere Strafausmass darauf zurückzuführen, dass das Gericht zu gewissen Anklagepunkte eine Verjährung geltend machte. Zudem liege gemäss dem Gerichtsentscheid «keine harte Bestechung» vor. Denn Hauptstrafbestand habe das Gericht betreffend dem Ex-Beschaffungschef in der «ungetreuen Amtsführung» gesehen.

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Legende: 120 Millionen soll das Insieme-Informatikprojekt verschlungen haben – 2012 zog der Bundesrat den Stecker. Keystone

Grosser immaterieller Schaden

Beim Informatikprojekt «Insieme» wurden immer wieder die selben zwei Lieferfirmen berücksichtigt. Eigentlich hätten die Aufträge aber öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Beim Prozess ging es jedoch lediglich um ein Prozent der Schadensumme. So habe das Gericht, wie SRF-Korrespondent Daniel Schäfer mitteilt, insbesondere einen «grossen immateriellen Schaden» betont.

In der Öffentlichkeit sei demnach der Eindruck entstanden, dass man in der Bundesverwaltung schalten und walten könne wie man wolle und dass man Projekte unter der Hand an Freunde weiter geben könne.

Widmer-Schlumpf zog Notbremse

120 Millionen Franken soll das Informatikprojekt «Insieme» des Bundes verschlungen haben – 70 Millionen Franken waren eigentlich veranschlagt. 2012 zog Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf die Notbremse und beendete das Projekt zur Überholung mehrerer veralteter IT-Systeme.

Gemäss SRF-Korrespondent Daniel Schäfer hat die Verteidigung das Urteil nicht kommentiert. Es sei aber denkbar, dass sie das Urteil mit einer Beschwerde an das Bundesgericht weiterziehe.

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