Wie geht es eigentlich den Griechen? Kommen sie irgendwie durch die Krise oder fällt die Zivilgesellschaft auseinander? Im Gespräch mit Augenzeugen wird klar: Es gibt nicht eine Antwort. Man ruft einen Schweizer in Athen an, der im Büro arbeitet und bald wieder in die Schweiz zurückkehrt. Die Frage an ihn: Herrscht in Griechenland eine Notlage unter den Menschen? Die Antwort erstaunt: «Nein, nur das Angebot von gewissen Nahrungsmittel wird langsam knapp. Vor den Geldautomaten stehen Menschenschlangen, aber Bettler gibt es gleich viel wie früher.»
Anders bei Esther Mira . Die Schweizerin führt seit 15 Jahren eine Taverne auf der Insel Paros. Sie berichtet von Hamsterkäufen und der Angst vor der Zukunft: «Wir verstecken unser Geld Zuhause.»
Anruf nun bei der Griechisch-Orthodoxen Kirche Agios Dimitrios in Zürich. Ein Geistlicher war vor einer Woche in Athen und berichtet von erschütternden Szenen: Verarmte Griechen stünden um einen Bischof herum, der ihnen die nötigsten Lebensmittel reicht.
Von den Berichten wird aber eines klar: Wenn sich die Lage in Griechenland nicht verändert, droht in Europa eine humanitäre Krise. Wer das sagt und befürchtet, ist Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments.
Wie bereitet sich die Schweiz auf diese mögliche Krisensituation vor? Beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) winkt man ab. EDA-Sprecher Georg Farago: «Für die Planung einer humanitären Unterstützung Griechenlands durch die Schweiz ist es verfrüht.» Ähnliches lässt auch die Glückskette ausrichten: «Zurzeit zeichnet sich keine Sammelaktion ab», allerdings: «Die Glückskette schliesst diese nicht grundsätzlich aus.»
Noch kein einziger Spendenfranken für Griechenland
Glückskette-Sprecherin Daniela Toupane weist ausserdem darauf hin, dass bisher noch kein einziger Franken für die Griechenlandkrise gespendet wurde. Aber auch Anträge aus Griechenland seien noch nicht eingetroffen. Und auch das EDA hat noch keine Anfragen aus Griechenland erhalten.
Eines der grössten Hilfswerke der Schweiz: die Caritas. Tätig in über 40 Ländern, Spendeneingang letztes Jahr: Über 32 Millionen Franken. Caritas-Sprecher Stefan Gribi: «Zurzeit sind keine Hilfsleistungen nach Griechenland geplant. Wir konzentrieren uns zurzeit auf die Brennpunkte in Nepal, Syrien und die Lage im Mittelmeer.»
Die grossen Hilfswerke planen also noch keine Hilfskonvois nach Griechenland zu schicken. Und auch vor der Selbstinitiative warnt der Geistliche der Griechisch-Orthodoxen Kirche Agios Dimitrios. Er berichtet von seinem Trip vor drei Jahren. Damals habe er seinen Fiat Punto vollgestopft mit Lebensmittel und Medikamenten. Die irrwitzige Bürokratie an der Grenze und die hohen Einfuhrzölle hätten ihn eines gelehrt: nie wieder.