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Juncker bei der Abschlussmedienkonferenz nach dem EU-Gipfel.
Legende: Junckers klare Ansage: Griechen müssen Reformpläne bis spätestens Freitagmorgen liefern. Reuters

International Ultimatum für Griechenland läuft am Freitag ab

Nach dem Referendum folgt der nächste Krisengipfel. Doch ein schriftliches Hilfsgesuch für neue Milliardenhilfen soll erst später folgen. Gelingt Europa in dem Drama noch die Wende? Athen hat klare Vorgaben auf dem Tisch. Der nächste EU-Gipfel am Sonntag soll eine Entscheidung bringen.

  • Die griechische Regierung plant für Mittwoch einen neuen Antrag für einen Rettungskredit.
  • Regierungschef Tsipras wird aufgefordert, bis Freitagmorgen Vorschläge zu präsentieren.
  • Am Sonntag treffen sich die 28 EU-Staats- und Regierungschefs zu einem Krisengipfel.

Die griechische Regierung will bis Donnerstag einen detaillierten Reformplan für ein zweijähriges Hilfspaket der internationalen Geldgeber vorlegen. Das ist nach Angaben mehrerer Euro-Regierungschefs das Ergebnis des Sondergipfels der Eurozone am Dienstagabend in Brüssel.

Juncker: Bis Freitag, 08.30 Uhr

Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagten nach dem Treffen, der griechische Regierungschef Alexis Tsipras habe zugesagt, innerhalb von zwei Tagen genaue Vorschläge vorzulegen.

Juncker gab sogar eine klare Frist vor: Die Regierung in Athen habe bis Freitagmorgen (08.30 Uhr) Zeit, sich konkret zu äussern. Davon werde auch das weitere Engagement der Europäischen Zentralbank abhängen. Ein Szenario für ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone (Grexit) sei bis in die Einzelheiten vorbereitet, warnte Juncker.

«Leistung und Gegenleistung»

Bei ihrer Ankunft in Brüssel hatte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bereits ein konkretes Weiterkommen in der Griechenland-Frage am Sondergipfel ausgeschlossen. «Wir werden heute darüber beraten, wie es weitergeht, allerdings werden wir noch kein abschliessendes Bild machen.»

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Gleichzeitig machte sie deutlich, dass für sie «Leistung und Gegenleistung» untrennbar zusammengehören. «Oder anders gesagt, ohne Solidarität gibt es keine Möglichkeit zu helfen. Ohne Solidarität und ohne Reformen ist der Weg, den wir gehen, nicht möglich», sagte die Kanzlerin.

Neuer Gipfel am Sonntag

Der französische Präsident François Hollande hatte die griechische Regierung dazu aufgefordert, sehr schnell klarzumachen, wie ihre mittelfristige Planung aussieht. Nötig seien sicher kurzfristige Hilfen, die aber an Bedingungen geknüpft würden. «Wir brauchen solche Reformvorschläge so schnell wie möglich», betonte Hollande.

Für einen Kompromiss im Griechenland-Streit bleiben nach den Worten von EU-Gipfelchef Donald Tusk nur noch fünf Tage Zeit. «Die endgültige Frist endet diese Woche», sagte Tusk in Brüssel. Er bestätigte frühere Angaben von Kanzlerin Angela Merkel, wonach die 28 EU-Staats- und Regierungschefs an diesem Sonntag zu einem Krisentreffen zusammenkommen werden.

Weiterer Antrag auf Hilfe

Das pleitebedrohte Griechenland will derweil bis am Mittwoch einen neuen Antrag auf Rettungskredite aus dem Euro-Rettungsschirm ESM stellen. Dies gab Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach einem Sondertreffen der Euro-Finanzminister am Nachmittag bekannt.

Nur die Minister können den Startschuss geben, das Verfahren für ESM-Hilfen zu starten. «Wir haben sehr wenig Zeit», bilanzierte der Sozialdemokrat. «All das muss innerhalb von einigen Tagen gemacht werden.» Ebenfalls am Mittwoch wolle die Eurogruppe bei einer Telefonkonferenz darüber sprechen, sagte der Niederländer in Brüssel weiter.

Grexit nicht mehr ausgeschlossen

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Der neue griechische Finanzminister Efklidis Tsakalotos präsentierte bei dem Treffen seinen Amtskollegen wider Erwarten keine neuen schriftlichen Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise.

Tsipras präsentierte dem Vernehmen nach Vorschläge, die auf Plänen der Geldgeber von Ende Juni aufbauen. Dazu gehören eine Renten- und Mehrwertsteuerreform sowie eine Luxussteuer. «Es müssen auch Vorschläge sein, mit denen die anderen 18 Euro-Länder leben können», warnte der Luxemburger Ministerpräsident Xavier Bettel.

Beim Finanzministertreffen wurde zudem deutlich, dass ein Ausscheiden des überschuldeten Staats aus dem Euroraum kein Tabu mehr ist. Der für den Euro verantwortliche EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis sagte: «Falls das Vertrauen nicht wieder aufgebaut wird, falls es kein glaubwürdiges Reformpaket gibt, kann das nicht ausgeschlossen werden.» Allerdings sei dies nicht Ziel der EU-Kommission.

Schuldenerlass wird abgelehnt

Einen von Athen verlangten erneuten Schuldenerlass lehnen die Euro-Staaten weiterhin mehrheitlich ab. Auf die Frage, ob es einen Schuldenschnitt geben könne, sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble «Wer die europäischen Verträge kennt, weiss, dass ein Schuldenschnitt unter das Bailout-Verbot fällt.» Das Bailout-Verbot bedeutet, dass Eurostaaten nicht für die Schulden anderer aufkommen dürfen.

Tsipras im Europaparlament

Am Mittwoch wird Tsipras zudem zu einer Debatte im Europaparlament in Strassburg erwartet. Dies kündigte Parlamentspräsident Martin Schulz auf Twitter an. Abgeordnete hatten den Regierungschef aus Athen zu diesem Besuch aufgefordert, um mit ihm über die Schuldenkrise zu debattieren.

Tsipras soll heute zudem US-Präsident Barack Obama telefonisch über den neuesten Stand der Beratungen zur griechischen Schuldenkrise informiert haben. Dabei habe Tsipras Obama erklärt, dass Athen einen «Überbrückungskredit» von seinen internationalen Geldgebern wünsche.

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