Zu den Läden, die vergünstigte Ware für Arme wie etwa Sozialhilfe-Empfänger verkaufen, gehören die Caritas-Märkte. Diese setzen ständig mehr ab. «2013 wurde zum ersten Mal ein Umsatz von über zehn Millionen erreicht. Wir haben mittlerweile 25 Märkte schweizweit», sagt Bettina Fredrich von Caritas Schweiz. Der Umsatz in den Caritas-Märkten stieg letztes Jahr um sechs Prozent.
Ein anderes Beispiel ist die Schuldenberatung: «Wir hatten 2012 ein Viertel mehr Dossiers, also mehr Leute, die diese Schulden- und Sozialberatung in Anspruch genommen haben.»
Und auch die Kultur-Legi, eine Rabattkarte, die Menschen mit kleinem Budget vergünstigte Eintritte in Konzerte oder billigere Jahresgebühren in der Bibliothek ermöglicht, wurde markant häufiger bestellt. «Im Jahr 2012 stieg deren Anzahl von 31'000 auf 45'000», fährt Fredrich fort.
Enttabuisierung der Bedürftigkeit
Ein widersprüchliches Bild: Gemäss Statistik sinkt die Armutsquote seit 2007. Die Angebote der Caritas hingegen werden immer stärker nachgefragt. Zu erklären ist das zum einen mit dem Angebot: Die Caritas hat stetig ausgebaut. Zum anderen ist das Wachstum für Fredrich ein Zeichen dafür, dass immer mehr Menschen an der Armutsschwelle leben. Und möglicherweise ist es auch ein Mentalitätswandel: Bedürftig zu sein, galt – und gilt für viele noch immer – als ein Tabu.
Fredrich hofft, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, der Enttabuisierung der Armut Vorschub zu leisten: «Wir setzen uns dafür ein, dass man nicht die Armen, sondern die Armut bekämpft». So schämten sich Leute weniger, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder das Shampoo oder die Teigwaren im Caritas-Markt einzukaufen.