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Schweiz Nach dem Nein zum Gripen beginnt der Streit um Drohnen

Auch die nächste grosse Rüstungsbeschaffung stösst auf Widerstand: Aufklärungs-Drohnen aus Israel. Kritiker lehnen solche Geschäfte mit Israel ab. Sie warnen wegen der hochsensiblen Kamera-Technik vor einer neuen Dimension des Überwachungsstaats. Noch vor dem Sommer will der Bundesrat entscheiden.

Noch stehen zwei Modelle von Aufklärungs-Drohnen in der Endevaluation: Die «Hermes 900» und «Heron 1». Beide stammen aus Israel. In den nächsten Wochen will der Bundesrat den Favoriten bestimmen, bestätigt der Chef Sicherheitspolitik im VBS, Christian Catrina, gegenüber der «Rundschau». Doch die Herkunft der sechs unbemannten Fluggeräte stösst auf Kritik.

Der Genfer SP-Nationalrat Carlo Sommaruga hält eine solche Rüstungsbeschaffung aus Israel für unhaltbar. Der Präsident der Aussenpolitischen Kommission warnt, die Schweiz solle keine Drohnen kaufen, die «mit Blut befleckt» seien. Israel verstosse gegen die Genfer Konvention. Die Schweiz als Depositarstaat könne daher keine Rüstungsgüter aus diesem Land beschaffen.

«Sie kann Gesichter erkennen»

In der «Rundschau» schildern beide israelischen Hersteller die Vorzüge ihrer Produkte. Chefingenieur Jacques Chemla von der staatlichen Firma Israel Aerospace Industries (IAI) sagt, die Kamera an Bord sei teurer als das unbemannte Flugzeug selbst. Sie liefere hochauflösende Bilder, die es erlaubten, auch Gesichter zu erkennen und Personen zu identifizieren. Die Drohne «Heron 1» hat eine Flügelspannweite von rund 15 Metern und kann mehr als 30 Stunden ununterbrochen in der Luft bleiben.

Eine Aufklärungs-Drohne in einem Flugzeug-Hanger.
Legende: Die israelische Aufklärungs-Drohne «Hermes 900» kann 30 Stunden ununterbrochen fliegen. SRF

Die neue Qualität der beiden israelischen Drohnen hebt sich ab von den alten – ebenfalls aus Israel stammenden – «Ranger»-Drohnen, die die Schweizer Luftwaffe schon seit Jahren einsetzt. Der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission, Thomas Hurter von der SVP, begrüsst deshalb die Beschaffung der neuen Drohnen. Die Armee brauche sie nicht nur für die eigenen Zwecke, sondern stelle sie auch verschiedenen zivilen Behörden zur Verfügung.

Doch das finden nicht alle positiv. Auch Carlo Sommaruga warnt vor dem Überwachungsstaat, der mit den hochsensiblen Drohnen ein neues Mittel in die Hand bekomme, das schwer zu kontrollieren sei.

Kosten von 250 Millionen Franken

Bislang ging man davon aus, dass sechs solcher Hochleistungsdrohnen – verbunden mit dem Boden-System – gegen 400 Millionen Franken kosten würden. Neu nennt Sipol-Chef Catrina die niedrigere Zahl von «rund 250 Millionen». Nach dem Typenentscheid des Bundesrates könnte die Beschaffung bereits Bestandteil des Rüstungsprogramms 2015 sein. Der Parlamentsentscheid dazu wäre abschliessend.

Eine Volksabstimmung ist für das normale Rüstungsprogramm nicht vorgesehen. Den VBS-Strategen schwebt vor, dass man die ersten Geräte 2018 in Dienst stellen könnte.

Kein Interesse zeigt das VBS aktuell an Kampfdrohnen für die fernere Zukunft. Am Montag hatten Rüstungsfirmen aus Deutschland, Frankreich und Italien ein neues Projekt vorgestellt. Solche Ideen seien zurzeit kein Thema, sagt Christian Catrina in der «Rundschau». Aber er fügt hinzu: «Never say never.»

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