Rund um den Bahnhof sind in den letzten Jahren Hochhäuser in den Himmel geschossen, auf den Strassen gehören teure Luxuskarossen zum normalen Bild, fast an jeder Ecke trifft man auf Geschäftsmänner in Anzügen, die Englisch oder Russisch in ihr Handy reden.
Der Atmosphäre in ihrer Stadt stehen die Zuger unterschiedlich gegenüber: «Für die Wirtschaft macht sie sehr viel, aber nicht für den Mittelstand», sagt ein Herr. «Als Nicht-Millionär fühlt man sich in der Stadt nicht sehr willkommen», findet ein junger Mann. Dem widerspricht eine Frau. Sie findet, die Stadt mache auch für weniger gut Situierte sehr viel.
Rote Zahlen wegen Finanzausgleich?
Zugs Wirtschaft als Fluch oder Segen: Zum Wahlkampfthema ist sie aber vor allem auch aus finanziellen Gründen geworden. Denn die Rechnung geht für Zug nicht mehr auf: Die Stadt schreibt seit einigen Jahren rote Zahlen. Viele Bürgerliche sehen den Hauptgrund dafür darin, dass die Stadt immer mehr Geld sowohl in den kantonalen als auch in den nationalen Finanzausgleich NFA bezahlen muss. Rund ein Drittel der Einnahmen gehen dafür weg.
Das sei zu viel, sagt Urs Raschle, der als Kandidat der CVP versucht, in Zug wieder eine bürgerliche Mehrheit in die Stadtregierung zu bringen. «Zug bezahlt jährlich mehrere Millionen in den NFA. Gewisse Kantone bekommen das Geld einfach, ohne grosse Veränderungen vorweisen zu müssen.»
Zug ist selber Schuld.
Ganz anders sieht es Jolanda Spiess, die Kandidatin der Alternativ-Grünen, die für eine linke Mehrheit im Stadtrat kämpft. Der Betrag sei zwar sehr hoch. Aber der NFA werde anhand der Möglichkeit, Steuern einzutreiben, berechnet. «Zug schöpft diese Möglichkeit bei weitem nicht aus. Zug ist selber schuld.»
Die Bürgerlichen aber fürchten, höhere Steuern würden dazu führen, dass Firmen die Wirtschaftsmetropole verlassen. Jolanda Spiess würde dies in Kauf nehmen: «Dann gehen sie halt.» Für Urs Raschle von der CVP ist dieses Szenario hingegen ein rotes Tuch: «Diese Firmen gehen nicht in die Nachbarkantone. Sie gehen ins Ausland. Dann haben alle verloren.» Das sei der grosse Fehler der NFA, sagt Raschle.
Eine Art Zwangssolidarität
Die Kontroverse um den Finanzausgleich ist zwar ein wichtiges Wahlkampfthema. Doch hat die Linke, die seit vier Jahren in der Stadtregierung die Mehrheit stellt, nur zum Teil einen Richtungswechsel im Visier. Denn im Parlament sind die Bürgerlichen klar in der Mehrheit und sie dürften es auch nach der Wahl am 5. Oktober bleiben. Stadtpräsident Dolfi Müller, ein SP-Mann, hat sich deshalb damit abgefunden, dass trotz der hohen Belastung durch den Finanzausgleich und trotz roter Zahlen in der Stadtrechnung eine Steuererhöhung kaum in Frage kommt. «Ich kämpfe natürlich auch nicht gegen Windmühlen.»
Und so zieht auch er mit NFA-kritischer Haltung in den Wahlkampf: «Da kippt die freiwillige Solidarität in eine Art Zwangssolidarität. Hier muss man mal Stopp sagen.» Die Zuger Kritik am Finanzausgleich dürfte in absehbarer Zeit also nicht verstummen – ob die Stadt nun wie vorher links oder neu wieder bürgerlich regiert wird.