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Bundesrat Parmelin an Medienkonferenz – er blickt fragend nach oben
Legende: Die Wahl ist geschafft: Nun gilt es für Guy Parmelin, möglichst schnell im Amt anzukommen. Keystone

Schweiz Und plötzlich ist man Bundesrat

Fest steht: Ruhige Weihnachten wird es im Hause Parmelin nicht geben. Unzählige Hände wollen geschüttelt, Berge von Akten durchforstet und personelle Entscheide gefällt werden. Doch wie packt man das Abenteuer Bundesrat eigentlich am besten an?

Per Sonderzug kam der frischgebackene Bundesrat Guy Parmelin am Donnerstag in Nyon an. Er war entzückt über die unzähligen Gratulanten, die die Strassen säumten und genoss das Bad in der Menge sichtlich.

Noch dominiert die Freude über die geschaffte Wahl – noch wird gelacht, gewunken und gefeiert. Durchaus legitim, schliesslich tritt Parmelin sein neues Amt als Verteidigungsminister erst im Januar offiziell an. Darf sich der 56-Jährige also ein paar besinnliche Festtage gönnen, bevor er sich an die Herkulesaufgabe des Regierens herantastet? Mitnichten.

«Eine völlig andere Welt»

Ruhige Weihnachten könne Parmelin vergessen, sagt Iwan Rickenbacher, langjähriger Polit-Beobachter und ehemaliger CVP-Generalsekretär. «Auf einen neu gewählten Bundesrat wartet eine völlig andere Welt.» Von daher sei es ein Sprung ins kalte Wasser. Im Falle Parmelin kommt erschwerend hinzu, dass der Waadtländer als langjähriger Nationalrat zwar einen veritablen politischen Rucksack vorweisen kann, allerdings noch niemals ein Exekutivamt innehatte.

Erleichternd wirkt laut Rickenbacher hingegen, dass Parmelin mit der Armee «ein bereits gut strukturiertes Departement mit einer erfahrenen Verwaltung» übernimmt, notabene von einem Parteikollegen. «Gerade bei der Einarbeitung kann das eine wesentliche Hilfe sein», so der Experte.

Der persönliche Stab

Keine Aufschübe dulden gewisse personelle Entscheide, die es für den neuen Bundesrat zu treffen gilt. «Er muss sich schnell Klarheit darüber verschaffen, wie sein persönlicher Mitarbeiterstab aussehen wird, der ihn in allen Belangen unterstützt», sagt Rickenbacher. Entsprechende Gespräche seien zweifellos schon im Gange.

Es liege im Ermessen des jeweiligen Bundesrates, wie er sich organisieren wolle, ergänzt Politologe Georg Lutz. Die Grundstruktur sei allerdings gegeben: Generalsekretariat, Kommunikationsverantwortliche, persönliche Mitarbeiter und Referenten. «Innerhalb dieses Rahmens sind unterschiedliche Optionen denkbar», sagt Lutz. So gebe es Bundesrats-Mitglieder, die einen grossen Stab um sich schätzten, während andere ihren Mitarbeiterkreis bewusst eng halten würden.

Man will Leute um sich haben, denen man politisch vollständig vertraut.
Autor: Georg Lutz Politologe

«Klar ist: Man will Leute um sich haben, denen man politisch vollständig vertraut», sagt Lutz. Es versteht sich deshalb von selbst, dass die Neuen ihre persönlichen Mitarbeiter in der Regel mitbringen. Christoph Blocher ging nach seiner Wahl gar noch einen Schritt weiter: Er nahm den damaligen Generalsekretär seiner Ems-Chemie mit nach Bern, wo dieser dann im Justizdepartement dasselbe Amt bekleidete.

Brisante Armee-Geschäfte für Korporal Parmelin

Wie Parmelin sein Team auch immer aufstellen mag: Diese Ansprechpartner werden ihm zur Hand gehen, was die Dringlichkeit der Sachgeschäfte angeht und mithelfen, Prioritäten zu setzen.

Denn an brisanten Inhalten mangelt es nicht. Den Militärminister, der «nur» den Dienstgrad eines Korporals hat, wie Kritiker in den vergangenen Tagen immer wieder lautstark monierten, erwarten umstrittene Geschäfte. Allen voran die Weiterentwicklung der Armee. Ebenfalls bereits aufgegleist ist das Referendum gegen das Nachrichtendienstgesetz. Bringen die Gegner die geforderten 50'000 Unterschriften zusammen, dürfte die Vorlage Parmelins erste Volksabstimmung darstellen.

«Warte, luege, lose, laufe»

Generell täte Parmelin laut Polit-Beobachter Rickenbacher gut daran, sich an ein Prinzip zu halten, das bereits Erstklässlern eingebläut wird: «Warte, luege, lose, laufe.» Dem Romand dürfte diese Maxime nicht allzu schwer fallen. Im Parlament wird der Bauer und Winzer oftmals als konzentrierter Taktiker beschrieben, der sich gerne in Dossiers kniet, um dann im Hintergrund die Fäden zu ziehen. «Seine ruhige, gelassene Art wird ihm entgegenkommen», meint denn auch Rickenbacher.

Grundsätzlich stehen Parmelin rund drei Monate Einarbeitungszeit zu, bevor er zu seinen Dossiers öffentlich Stellung bezieht. Diese ungeschriebene 100-Tage-Regel wird heute allerdings nicht mehr allzu strikt gehandhabt. Während etwa Moritz Leuenberger erst nach 150 Tagen vor die Medien trat, zog Doris Leuthard bereits nach der Hälfte ihrer «Schonfrist» eine erste Bilanz.

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