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Schweiz Vermieter lassen Kleingewerbe im Stich

Kleinunternehmer, die aufgrund der Coronakrise eine Mietzinsreduktion beantragen, beissen häufig auf Granit.

Ende März schnürte der Bund für Selbständige ein Notpaket – den Corona-Erwerbsersatz. Er soll 80 Prozent des Einkommens abdecken, maximal jedoch 196 Franken pro Tag.

Jetzt – vier Wochen später – fragt «Kassensturz» bei Betroffenen nach. Kommen Sie mit der staatlichen Unterstützung zurecht? Fazit: Der Erwerbsersatz ist sicher eine grosse Unterstützung für das Bestreiten der Lebenskosten. Die Fixkosten bleiben jedoch häufig ungedeckt. Vor allem die Mietkosten.

Statt Reduktion kommt Kündigungsandrohung

Das zeigt das Beispiel von Peter Hodler, Wirt des Landgasthofes Thalgut in Gerzensee. Er bezahlt für den Gasthof monatlich 10'000 Franken Miete und kommt langsam an seine Grenzen: «Ich kann nicht Monat für Monat so viel Geld aus meinem eigenen Sack zahlen, ohne etwas davon zu haben. Vor allem auf lange Zeit hinaus.» Hodler führte mehrere Gespräche mit seinem Vermieter. Diese brachten aber keine Lösung. Letzten Samstag hatte der Wirt schliesslich ein Einschreiben in der Post: Eine Mahnung mit Kündigungsandrohung.

Gegenüber «Kassensturz» sagt der Vermieter, er sei bereit, während der Coronakrise auf 50 Prozent der Miete zu verzichten. Das wisse Peter Hodler. Eine Mahnung mit Kündigungsandrohung sei nötig gewesen, weil der Mieter seine Mietschuld rechtlich nicht anerkenne. Man sei jedoch weiter offen für Gespräche.

Betreibungsandrohung zwei Tage nach Mietzinsfälligkeit

Auch Jasmin Belnava steht mit ihrem kleinen Café in Basel vor dem Aus. Die Wirtin stellte zwar am ersten Tag nach dem Gastro-Verbot auf Take-away um, doch die Verdienste sind klein. Auch sie hoffte auf die Solidarität ihrer Vermieterin: «Ich habe höflich angefragt, ob man mir während des Lockdowns mit der Miete entgegenkommen könnte.» Auch sie findet kein Gehör. Unglaublich: Gerade einmal zwei Tage nachdem die Miete fällig gewesen wäre, droht die Vermieterin AAA Swiss Properties. «Am zweiten April kam ein Mahnbrief mit Kündigungsandrohung, Betreibungsandrohung und mit Verzugszinsen», erzählt Jasmin Belnava.

«Kassensturz» fragt nach. Doch die Immobilienbesitzerin bleibt hart. Der Mietzins für März sei nicht fristgerecht einbezahlt worden und geschuldet. AAA Swiss Properties lässt die Kleinunternehmerin in der Krise hängen. Begründung: Das Gesuch auf Mietzinssenkung wegen der Coronakrise hätte nicht die Tochter, sondern die Mutter stellen sollen. Denn sie sei die offizielle Mieterin.

Zur Kündigungsandrohung schreibt AAA Swiss Properties: «Unser Schreiben ist ein Standardbrief, welcher relativ sec formuliert ist. (…) Wir überdenken, ob wir während der COVID-19-Krise nicht einen abgemilderten Standardbrief verwenden wollen.»

Valiant Bank zeigt sich solidarisch

Doch es geht auch anders. Das zeigt das Beispiel der Elektrofirma Iten in Bern. Ihr Verkaufsladen ist wegen der Coronakrise geschlossen, Geschäftsführer Thomas Krebs musste zwei Angestellte auf Kurzarbeit setzen.

Die Valiant Bank ist die Vermieterin des Ladenlokals. Von sich aus kommt sie dem Elektrogeschäft in der Krise entgegen und erlässt ihm und ihren anderen 70 Mieterinnen und Mietern zwei volle Monatsmieten. Marc Andrey, Leiter Unternehmenskommunikaton der Valiant Bank begründet: «Für uns ist dieser Mieterlass eine rasche und unbürokratische Möglichkeit, die KMU zu unterstützen, Solidarität zu zeigen.»

Bedingungen an die Mietzinssenkung stelle die Bank keine. Für Geschäftsführer Krebs, eine willkommene Unterstützung in der Krise.

Die wichtigsten Informationen zum Coronavirus:

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Kassensturz, 21.04.20, 21.05 Uhr

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