Bei der Sprachenfrage brauche es eine Harmonisierung, hat Bundesrat Alain Berset mehrfach betont. Und wenn die Kantone unter sich keinen Kompromiss fänden, dann sei der Bund bereit, einzugreifen. Diese Haltung stützt das Bundesamt für Kultur (BAK) jetzt rechtlich: in einem Bericht, den die zuständige Kommission des Ständerats bestellt hat.
«Wenn der Bund feststellt, dass die Kantone nicht zu einer harmonisierten Lösung gekommen sind, ist er verpflichtet, die erforderlichen Bestimmungen zu erlassen», hält Stéphanie Andrey vom BAK dazu fest. Der Bund muss also eingreifen, wenn Kantone vom Sprachenkompromiss abweichen. Dieser Kompromiss der Erziehungsdirektorenkonferenz von 2004 schreibt mindestens zwei Fremdsprachen bis zum 5. Schuljahr vor – mindestens eine davon muss eine Landessprache sein. Welche Sprache zuerst kommt, ist egal. Daran hält auch das BAK fest.
Kommt kein Kompromiss zustande, greift der Bund ein
Von diesem Kompromiss wollen allerdings mehrere Kantone abweichen: Thurgau etwa will den obligatorischen Französischunterricht voraussichtlich ab 2017 auf die Sekundarschulstufe verschieben. Und im Kanton Nidwalden befindet das Stimmvolk am 8. März über eine Initiative der SVP die verlangt, dass nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule unterrichtet wird.
Faktisch würde dabei wohl Französisch über die Klinge springen, informiert die Nidwaldner Regierung im Abstimmungsbüchlein.
Wird Frühfranzösisch gesetzlich verankert?
Eine gewisse Brisanz erlangt unter diesen Vorzeichen der neue Vorschlag, den das Bundesamt für Kultur nun in seinem Bericht einbringt: Es regt an, das Sprachengesetz zu ergänzen. Und zwar so: «Der Unterricht in einer Landessprache fängt auf Primarstufe an», so Andrey vom BAK.
Damit lehne sich das BAK ganz einfach an den Kompromiss der Kantone an, der schon bestehe. Das hiesse aber auch, dass Deutschschweizer Kantone, die auf Primarschulstufe kein Französisch mehr unterrichten, klar gegen das Sprachengesetz verstiessen.
Beim Komitee der Nidwaldner Fremdsprachen-Initiative zeigt sich Armin Odermatt erstaunt über diesen Vorschlag des Bundesamts für Kultur – zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin. Der Zeitpunkt kurz vor der Abstimmung sei sicher speziell, sagt Odermatt: «Vielleicht möchte man damit ein Zeichen setzen gegen Nidwalden und den Mahnfinger erheben.»
BAK verfolgt keine politische Agenda
Beim Bundesamt für Kultur heisst es, man habe den Bericht auf Bestellung der zuständigen Kommission des Ständerats erstellt – und zwar unabhängig von der Nidwaldner Abstimmung. Die Kommission hat den Bericht gestern Mittwoch zur Kenntnis genommen.
Der Sprachenstreit geht indes weiter. Nächster Termin ist im Sommer: Bis dann bilanzieren die kantonalen Erziehungsdirektoren, ob der Kompromiss noch hält. Kommen sie zu einem Nein, kann der Bund eingreifen.