Die Zeiten, als noch galt: «Hände hoch» sind im Ständerat vorbei, mittlerweile wird per Knopfdruck abgestimmt. Aber nicht nur punkto Technik hat sich der Rat verändert: Die CVP ist weniger stark, die SP hat zugelegt. In der neuen Rolle provoziert sie gern. Damit ist die Diskussion akzentuierter geworden, bestätigt SP-Ständerätin Anita Fetz: «Es wird heute mehr debattiert, das stimmt, das hat damit zu tun, dass die SP es nicht mehr zulässt, dass der Bürgerblock sang-und klanglos Anliegen abwürgt.»
Tatsächlich sei der Ständerat parteipolitischer geworden, sagt auch der frühere CVP-Fraktionschef Urs Schwaller. Das rühre untern anderem daher, dass mittlerweile mehr engagierte Parteistrategen im Ständerat sässen, etwa SP-Präsident Christian Levrat. Ständeräte seien heute im Stöckli nicht nur Vertreter der Kantone, sondern auch ihrer Partei. Diese Entwicklung bereitet Schwaller Sorgen: «Wenn der Ständerat zu einem Vertreter seiner Partei wird, dann geht die Idee des Föderalismus unter. Wir stellen fest, dass auch im Ständerat vermehrt Gesetze gefordert werden, die Vereinheitlichungen für die ganze Schweiz anstreben.» Das gefährde das Gleichgewicht zwischen National-, Stände- und Bundesrat auf den drei Ebenen des Systems.
Fundiertere Diskussionen
Dennoch sei der Ständerat nicht zum Mini-Nationalrat verkommen, entgegnet Anita Fetz. Im Nationalrat würden aus dem Bauch heraus Vorstösse durchgewinkt, im Ständerat aber werde kopflastiger entschieden und damit fortschrittlicher. «Man legiferiert sorgfältiger, es müssen solide Argumente sein», sagt sie.
In vier von fünf Fällen sei der Ständerat noch unabhängiger und reflektierter, sagt Urs Schwaller. Aber eben nicht immer. «Der Blick auf die Rankings, auch auf die der Parteien, wer linientreu stimmt, wirkt sich mehr aus.»
Es dürfe nicht sein, dass der Ständerat zu einem Mini-Nationalrat mutiere, denn sonst brauche es ihn nicht mehr, sagt auch Ständeratspräsident Hannes Germann von der SVP. Auch ihn beunruhigt der Trend, dass selbst im Ständerat zentrale Entscheide gefällt würden, die dann in den Kantonen oder Städten umgesetzt und bezahlt werden müssten. Er sagt: «Wir wollen den Ausgleich der Regionen, den Ausgleich unter den Sprachgrenzen. Das ist ganz wichtig für den Zusammenhalt dieses Landes. Diese Rolle muss der Ständerat wahrnehmen und die nimmt er auch wahr.»
Das sei so und müsse so bleiben, auch nach den nächsten Wahlen in gut einem Jahr.