Mit modernen Elektrozäunen und mit wachsamen und kräftigen Herdenschutzhunden sollen Schafe geschützt werden. Bei grösseren Herden sollte auch ein Hirte auf der Alp sein. Fachleute schlagen das schon lange vor, aber viele Walliser Landwirte und Schafzüchter haben beharrlich solche Massnahmen abgelehnt.
Dass es im Wallis noch viel Handlungsbedarf beim Herdenschutz gibt, zeigte vor zwei Jahren auch eine Studie des landwirtschaftlichen Kompetenzzentrums Agridea. Doch seitdem habe sich einiges verbessert, sagt der Walliser Jagdinspektor Peter Scheibler.
Gerade auch in der aktuell betroffenen Augstbordregion im Oberwallis: «In der Gegend sind Herdenschutzmassnahmen ergriffen worden.» Die Abschussbewilligungen seien ausschliesslich auf jene Gebiete limitiert, in denen der Herdenschutz gemäss den Fachleuten des Kantons umgesetzt werde, sagt Scheibler.
Die Herdenschutzmassnahmen sind mehrheitlich ungenügend.
Dass es gewisse Verbesserungen beim Herdenschutz im Wallis gibt, anerkennen auch die Naturschutzverbände. Unter dem Strich habe sich aber noch immer zu wenig getan, findet Mirjam Ballmer von Pro Natura: «Wir wissen, dass einzelne Nutztierhalter sich sehr bemühen und dass teilweise auch gute Massnahmen ergriffen worden sind. Aber leider sind die Herdenschutzmassnahmen mehrheitlich ungenügend.»
Die Walliser Behörden tun sich relativ schwer mit dem Thema.
Auch der Eidgenössische Jagdinspektor Reinhard Schnidrig ist nicht zufrieden mit der Situation im Wallis. Andere Kantone, wie Graubünden und St. Gallen, seien schon viel weiter beim Herdenschutz: «Wir haben in diesen Kantonen deutlich weniger Risse. Im Wallis hat es an vielen Orten keinen umgesetzten Herdenschutz. Auch die Behörden und die Politik tun sich relativ schwer mit dem Thema.»
Ein Zusammenleben des Wolfes mit unserer Zivilisation ist nicht möglich.
Tatsächlich gibt es im Wallis immer noch Politiker, die nicht an einen wirksamen Herdenschutz glauben und den Wolf lieber ausrotten wollen. Der christlich-soziale Grossrat und Schäfer Georges Schnydrig sagt, der Wolf gehöre nicht in die Schweiz: «Die Schweiz ist sehr dicht besiedelt bis auf alle Gipfel. Auch der Tourismus ist überall sehr stark. Deshalb sind wir der Meinung, dass ein Zusammenleben des Wolfes mit unserer Zivilisation nicht möglich ist.»
Dass die Wölfe eines Tages wieder verschwinden, ist für Jagdinspektor Schnidrig Wunschdenken. Gerade im Interesse der Nutztiere sollte man im Wallis lieber den Herdenschutz verstärken, sagt Schnidrig.
Befohlener Herdenschutz ist kontraproduktiv.
Der Bund stehe unterstützend zur Seite – aber zwingen könne man die Walliser natürlich nicht. Schafhaltern die Subventionen zu kürzen, wenn sie keine Herdenschutzmassnahmen ergreifen würden, wie es einige fordern, sei der falsche Weg.
«Wenn man Herdenschutz befiehlt oder zu hart einfordert, ist das kontraproduktiv.» Denn für einen wirksamen Herdenschutz, zum Beispiel die Arbeit mit Hunden, brauche es Kompetenz, Engagement und Überzeugung – das könne man nicht befehlen.
Laura Schmid, Geschäftsführerin des WWF Oberwallis, ist überzeugt: Es bringt am meisten, wenn gute Beispiele Schule machen: «Es wird sich zeigen, dass richtig geschützte Herden auch weniger Risse haben. Damit wird die Motivation von selber kommen, dass man den Herdenschutz gemäss den Vorgaben richtig umsetzt.» Und deshalb ist die Naturschützerin langfristig optimistisch – für die Wölfe und das Wallis.