«Die vom Bundesrat vorgeschlagene Umsetzung der Zuwanderungsinitiative respektiert den Volkswillen», schreibt der Schweizerische Gewerbeverband. Mit der präsentierten Lösung würden mehreren zentralen Bedürfnissen der Wirtschaft Rechnung getragen – so weit dies der neue Verfassungsartikel zulasse. «Der Vorschlag ist darauf ausgerichtet, dass der flexible Arbeitsmarkt möglichst beibehalten werden kann», sagt Verbandspräsident Hans-Ulrich Bigler.
Insbesondere begrüsst der Gewerbeverband, dass die Anstrengungen verstärkt werden sollen, Fachkräfte möglichst in der Schweiz selber zu rekrutieren. Allerdings fehlten noch konkrete Vorschläge, wie dies geschehen soll.
Längere Kurzaufenthalte?
Mehr Flexibilität fordert der Gewerbeverband jedoch bei den Kurzaufenthaltern. Diese sollen seiner Meinung nach nicht nur während 90 Tagen sondern während eines Jahres kontingentsfrei in der Schweiz arbeiten dürfen.
Ähnlich tönt es vom Schweizerischen Bauernverband und vom Schweizerischen Arbeitgeberverband. Letzterer zeigt sich irritiert darüber, dass der Bundesrat vorhandenen Umsetzungsspielraum zugunsten der bilateralen Verträge nicht nutzt. insbesondere für Kurzaufenthalter bis zu einem Jahr – und nicht nur bis zu 90 Tagen – wäre der Verzicht auf eine Kontingentierung verfassungskonform, so der Verband.
Auch der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, Economiesuisse, schlägt in dieselbe Kerbe: Der Bundesrat nutze nicht allen Spielraum aus, den ihm der Verfassungstext geben würde, schreibt er. Grenzgänger und Kurzaufenthalter bis zu einer Dauer von einem Jahr seien von den Kontingenten auszunehmen, weil durch sie keine Zuwanderung in die ständige Wohnbevölkerung erfolge.
Scharfe Kritik vom Gewerkschaftsbund
Wenig Freude an den Bundesrats-Vorschlägen hat der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Die Vorschläge seien kontraproduktiv, denn sie würden Löhne und Arbeitsplätze in der Schweiz gefährden, schreibt der SGB. Weil die Vorschläge den bilateralen Verträgen mit der EU widersprächen, seien auch die Absatzmöglichkeiten für die Exportwirtschaft gefährdet.
Weil die Kurzaufenthalter (bis 90 Tage) nicht unter das Kontingentssystem fallen sollen, würden ausländische Firmen bevorzugt, so der SGB weiter. Sehr kurzfristige Anstellungen würden gefördert, was Lohndruck, tiefere Produktivität und generell schlechtere Arbeitsbedingungen zur Folge habe.
«Mit den sehr kurzen Anstellungen verdienen die Temporärbüros bereits heute mehr als eine Milliarde Franken pro Jahr», sagt SGB-Chefökonom Daniel Lampard gegenüber SRF. Diese Art der Arbeit sei schlecht, weil sie zu einer Verlagerung zu prekäreren Arbeitsbedingungen bedeute, so Lampard weiter.
Spitäler können mit Vorschlag leben
Die Spitalbranche ihrerseits bezeichnet es als positiv, dass der Bundesrat auf eine Höchstzahl bei den Kontingenten verzichten will. Entscheidend werde der Einbezug der Kantone sein, da in Spitälern die Sprachkenntnisse ausschlaggebend seien, sagte Conrad Engler, Mitglied der Direktion des Spitalverbandes H+.