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Wladimir Putin soll eng mit dem Bankkunden befreundet sein
Aus SRF 4 News vom 08.03.2023. Bild: Keystone / Alexei Druzhinin
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Schweizer Banker vor Gericht Lagerte Wladimir Putin sein Vermögen in der Schweiz?

Ein offenbar enger Freund Putins hat bei der Gazprombank in Zürich Millionen deponiert. Vier Banker stehen vor Gericht.

Von der Financial Times bis hin zur Süddeutschen Zeitung: Weltweit verfolgen Medien das Verfahren vor dem Zürcher Bezirksgericht mit grosser Aufmerksamkeit. Am Mittwoch stehen der Chef der russischen Gazprombank in Zürich und drei Angestellte vor Gericht.

Konnte Musiker Roldugin Millionen verdienen?

Den Angeklagten wird vorgeworfen, ihre Sorgfaltspflichten verletzt zu haben. Im Zentrum steht ihre Geschäftsbeziehung zum Musiker Sergei Roldugin. Er gilt als enger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Trotz solcher Hinweise trafen die Banker laut Staatsanwaltschaft offenbar keine weiteren Abklärungen zu ihrem Geschäftspartner. Zwischen 2014 und 2016 eröffneten und führten die Angeklagten zwei Firmenkonten. Darauf lagerten Vermögenswerte von knapp 50 Millionen Franken. Roldugin war als wirtschaftlich Berechtigter aufgeführt.

Wann ist jemand wirtschaftlich berechtigt?

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Ein wirtschaftlich Berechtigter ist zwar formell nicht Eigentümer eines Unternehmens. Die Person profitiert aber von der Firma oder beeinflusst diese. Es handelt sich um jemanden, der mehr als ein Viertel der Kapital- oder Stimmanteile einer Gesellschaft besitzt.

Laut der Zürcher Staatsanwaltschaft hatte Roldugin aber keine solche Rolle inne. Und dies hätten die Angeklagten anhand verschiedener Fakten auch merken müssen.

Die Gazprombank in Zürich
Legende: Blick auf den Sitz der Gazprombank in Zürich. Letzten Oktober hat sich die russische Bank aus der Schweiz zurückgezogen. Keystone/Ennio Leanza

So war Roldugin in den Bankunterlagen nur als Musiker aufgeführt. Die angegebenen Vermögensverhältnisse und Geldflüsse wären in diesem Fall nicht plausibel, so die Staatsanwaltschaft. Gegenüber der «New York Times» sagte Roldugin in einem früheren Interview, er sei kein Geschäftsmann. Und er besitze auch keine Millionen. Allein aufgrund solcher Informationen hätten die Banker laut Anklage weitere Abklärungen treffen müssen.

Der Patenonkel von Putins Tochter

Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Roldugin ein Strohmann gewesen sei. Mutmasslich seien Gelder des russischen Polit-Establishments auf die Konten geflossen. Namentlich erwähnt die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift Wladimir Putin: Roldugin habe laut Medienberichten Zugang zum innersten Kreis des Präsidenten, er sei sogar Patenonkel von Putins Tochter.

Sergei Roldugin und Putin
Legende: Sergei Roldugin (links) soll Wladimir Putin in den 1970er-Jahren kennengelernt haben. Roldugin ist ein international bekannter Cellist. Keystone/Dimitry Astakhov/Sputnik/Kremlin Pool

Gemäss Staatsanwaltschaft ist bekannt, dass Putin offiziell nur ein Einkommen von gut 100'000 Franken hat. Tatsächlich jedoch verfüge er über «enorme Vermögenswerte, welche von ihm nahestehenden Personen verwaltet werden». Auch hier hätten die Angeklagten hellhörig werden müssen, findet die Staatsanwaltschaft.

Wie die Behörde weiter ausführt, hatte im Hintergrund die russische Bank Rossija grossen Einfluss: Sie soll die Kontoeröffnungen vermittelt haben. Rossija sei «die Bank der führenden Politiker Russlands», heisst es in der Anklageschrift. Der Mehrheitsaktionär gelte als Kassenwart Putins. Es gäbe deshalb «erhebliche Zweifel», dass die Angaben Roldugins stimmen.

Weshalb ermittelte die Staatsanwaltschaft?

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  • Im April 2016 wurde die Eidgenössische Finanzmarktausicht Finma auf die Gazprombank aufmerksam: Damals enthüllten Medien die «Panama Papers» und berichteten über illegale Geschäfte von sogenannten Briefkastenfirmen. Auch Sergei Roldugin und die Gazprombank werden in den Dokumenten erwähnt.
  • 2018 beendete die Finma ihre Ermittlungen. Sie kam zum Schluss, dass die Gazprombank «schwer gegen die Sorgfaltspflichten des Geldwäschereigesetzes» verstossen habe. Bei Transaktionen mit erhöhtem Risiko zur Geldwäsche habe sie nicht genügend Abklärungen getroffen. Die Finma verbot der Bank, neue Privatkunden aufzunehmen. Sie reichte bei der Zürcher Staatsanwaltschaft eine Anzeige ein.

Die Zürcher Staatsanwaltschaft fordert für alle Angeklagten eine bedingte Freiheitsstrafe von sieben Monaten. Die vier Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ob das Bezirksgericht Zürich sein Urteil am Mittwoch schon fällt, ist offen. Sicher ist aber, dass die mediale Aufmerksamkeit gross ist: Auch Journalistinnen und Journalisten aus dem Ausland haben sich zur Verhandlung angemeldet. «Wir werden die Verhandlung auf jeden Fall in einen zweiten Saal übertragen müssen», schreibt das Bezirksgericht Zürich auf Anfrage.

SRF 4 News, 08.03.2023, 06:10 Uhr;

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