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Schweizer Coronapolitik Warnende Kantone, wartender Bundesrat

Von friedlichen Festtagen kann keine Rede sein – zumindest für die Kantonsregierungen. Aus dem Kanton Luzern, dessen Regierung zuletzt weitere Verschärfungen abgelehnt hatte, hiess es am Dienstag plötzlich, der Bund müsse durchgreifen.

Man habe die kantonalen Möglichkeiten ausgeschöpft. Wenig später sagte der Genfer Gesundheitsdirektor Mauro Poggia in einem Interview mit «RTS», es sei Zeit für die Rückkehr zur ausserordentlichen Lage. Eine Forderung, die kein Regierungsrat leichtfertig äussert – zumal die Kantone in der höchsten Krisen-Stufe deutlich an Einfluss verlieren.

Auch der Bundesrat dürfte kaum friedliche Festtage verbringen. Dennoch traf er sich diese Woche bisher nicht zu einer Sitzung im Plenum. Nur ein Austausch zwischen dem Gesundheitsminister, dem Bundespräsidenten und dem Präsidenten der kantonalen Gesundheitsdirektoren fand statt – das teilte Alain Berset auf Twitter mit.

Abwarten und schauen

Dass die Regierung derzeit keine neuen Verschärfungen beschliesst, ist wenig überraschend. In den letzten Monaten hat sie mit neuen Massnahmen jeweils lange gewartet, gerade im Vergleich zu anderen Ländern. Und derzeit zögern sogar Staaten, die bislang für drastische Massnahmen bekannt waren – das jüngste Beispiel ist Frankreich. Trotz explodierender Fallzahlen hat die französische Regierung keine Zwangsschliessungen beschlossen.

Oft wollte der Bundesrat in der Vergangenheit erst schauen, welche Wirkung bereits getroffene Massnahmen haben, bevor er weitere beschloss. Und 2G plus gilt erst seit neun Tagen. Mit Omikron zeigen sich Auswirkungen auf die Fallzahlen gemäss Experten allerdings bereits nach etwa einer Woche. Heute wurden 17'000 Neuansteckungen gemeldet. Die Taskforce rechnet für Januar mit einer wöchentlichen Verdoppelung der Fallzahlen.

Ein weiterer Grund für das Abwarten des Bundesrats ist wohl, dass noch immer nicht abschliessend klar ist, ob mit der Omikron-Variante weniger Patienten auf einen Platz auf der Intensivstation angewiesen sind.

Die Covid-Taskforce warnte am Dienstag jedoch davor, die neue Variante wegen erster Berichte zu milderen Verläufen zu unterschätzen. Sie geht davon aus, dass der Schutz vor schweren Verläufen bei zweifacher Impfung mit Omikron von 90 Prozent auf rund 70 Prozent sinkt. Und bei einer höheren Zahl von Ansteckungen kann auch ein vergleichsweise schwächeres Virus zur Überlastung der Spitäler führen.

Bundesrat geht ein Risiko ein

Schliesslich hat der Bundesrat aktuell auch die Möglichkeit, ohne langen Vorlauf zu handeln. Die Option für die nächste Verschärfung hat er Mitte Dezember bereits als Variante in die Vernehmlassung geschickt. Damit könnte ein Teilshutdown theoretisch innert Kürze beschlossen werden.

Die Erklärungen für die Zurückhaltung des Bundesrats bergen also viele «Aber». Und auch wenn das Abwarten zur bisherigen Strategie passt, ist es ein Risiko. Und zwar primär, weil verschärfte Massnahmen die Spitäler erst mit einiger Verzögerung entlasten.

Auch ohne neue Massnahmen hätte eine Bundesratssitzung eine Wirkung haben können – wenn auch vor allem symbolisch. Nach aussen kann es nun so wirken, als sei die Lage für die Regierung nicht ernst genug für eine Sondersitzung. Daran ändern auch Beteuerungen, dass sich die Bundesrätinnen und Bundesräte hinter den Kulissen regelmässig austauschen, wenig.

Larissa Rhyn

Bundeshausredaktorin

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Larissa Rhyn ist Bundeshausredaktorin des Schweizer Fernsehens. Zuvor arbeitete sie zwei Jahre in derselben Funktion für die Neue Zürcher Zeitung. Sie hat in Zürich und Genf Politikwissenschaften, Geschichte und Internationale Beziehungen studiert.

SRF 4 News, 29.12.2021, 16:00 Uhr

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