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Strommangel: Infrastruktur-Betreiber besorgt
Aus Rendez-vous vom 11.08.2022. Bild: Keystone/Christian Beutler
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Schweizer Energieversorgung Drohende Energiekrise – ein Überblick

«Run» auf Brennholz. Wärmepumpen im Trend: Eine drohende Knappheit beschäftigt uns fast täglich. Ein Überblick.

Droht eine Energiekrise oder haben wir bereits eine? Die Energieversorgung ist gemäss einem Update der wirtschaftlichen Landesversorgung (BWL) in der Schweiz im Moment gesichert. Demnach sind die Speicherseen für die Stromproduktion normal gefüllt. Praktisch alle Atomkraftwerke liefen auf voller Kapazität, so das BWL. Auch die Gasflüsse in die Schweiz seien normal. Dennoch bereiten sich die Unternehmen, die Wirtschaft und der Bund seit Monaten auf einen möglichen Notfall in der Energieversorgung vor – einer Gas- oder Strommangellage.

Wann ist die Rede von einer «Mangellage»?

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Antwort vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL): «In der Schweiz sprechen wir von einer Mangellage, wenn das Angebot die Nachfrage nicht mehr decken kann und auch der Markt und die Preise keine regulierende Wirkung mehr haben. Es handelt sich um eine Extremsituation [...]. Der Bundesrat ordnet in dieser Situation Interventionsmassnahmen zur Energieversorgung an.»

Was macht die Schweiz gegen die drohende Krise? Der Bundesrat ist zusammen mit weiteren Akteuren daran, die Versorgungssicherheit der Schweiz laufend zu stärken, wie das Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) auf seiner Website schreibt. Dazu wurden bereits verschiedene Massnahmen getroffen – ein Überblick:

Die Einrichtung einer Wasserkraftreserve soll bis Anfang Oktober umgesetzt sein. Die Gasbranche hat eine Wintergasreserve eingerichtet. Sie hat zurzeit 60 Prozent dieser Reserve gebildet. Falls das Gas dennoch knapp wird, sollen Solidaritätsabkommen mit Nachbarländern Abhilfe schaffen. Die erste Verhandlungsrunde mit Deutschland hat stattgefunden – Frankreich und Italien folgen. Es wurde auch ein Rettungsschirm für die Strombranche geschaffen. Zudem wurden diverse Vorbereitungen für eine mögliche Gas- oder Strommangellage getroffen.

Bis Ende August soll auch eine Plattform für eine Sensibilisierungskampagne zum freiwilligen Stromsparen aufgebaut werden. Diese wird die Bevölkerung zu Ratschlägen rund ums Energiesparen informieren. Schon wenn jeder und jede einzelne die Heiztemperatur um ein Grad reduziere, spare dies sechs Prozent Energie pro Haushalt, so der Leiter des Fachbereichs Energie der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL), Bastian Schwark.

Man erwarte, dass sich durch die Sparappelle der Gasverbrauch in der Schweiz um ungefähr fünf Prozent senken liesse, so Schwark. Wie ein Bericht der NZZ verrät, beträgt das Budget für die Kampagne rund zwei Millionen Franken. Für die Anti-Corona-Kampagne gab der Bund 30 Millionen aus.

Was machen andere Länder?

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Deutschland: Um Gas zu sparen, produziert seit Ende Juli ein zuletzt in Reserve gehaltenes Steinkohle-Kraftwerk wieder Strom. Weitere sollen folgen. Eine staatliche Kampagne soll die Menschen zum Energiesparen motivieren. Beispielsweise sollen sporadisch genutzte Bereiche wie Flure nicht mehr geheizt werden. Zudem soll bei Erdgasheizungen in Wohngebäuden eine verpflichtende Überprüfung kommen, um zum Beispiel die Temperatur nachts zu senken.

In Italien darf in den öffentlichen Büros nur noch bis auf 25 Grad gekühlt werden, zudem wird die Temperatur beim Heizen von 20 auf 19 Grad abgesenkt. Es wird auch erwogen, die Heizperiode um zwei Wochen zu verkürzen. Für die Industrie sind zunächst keine Einschränkungen vorgesehen.

Finnland hat seinen Gasverbrauch in den vergangenen zehn Jahren nach Regierungsangaben bereits halbiert und seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine weiter verringert – der Regierung zufolge gibt es keinen unmittelbaren Bedarf für weitere Massnahmen.

In Polen sieht sich die nationalkonservative Regierung nicht an das Einsparziel von 15 Prozent gebunden. Betont wird die Freiwilligkeit der Regelung.

In Ungarn schliesst die rechte Regierung von Regierungschef Viktor Orban eine Umsetzung des Ziels kategorisch aus.

Was passiert bei einer Strommangellage? Zur Erklärung: Eine Strommangellage ist nicht zu verwechseln mit einem «Blackout» – also einem Stromunterbruch. Würde es zu einer Strommangellage kommen, wären die Aufgaben klar verteilt, wie Michael Frank, Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) sagt: «Der Bund beschliesst, die Strombranche, Wirtschaft und Bevölkerung setzen um.» Stufe um Stufe würden immer strengere Massnahmen in Kraft treten.

Die Infografik wird im Text beschrieben.
Legende: Bei Strommangel sollen laut Wirtschaftsdepartement zuerst alle Strom sparen. Wenn das nicht ausreicht, folgen Einschränkungen beispielsweise für Schaufensterbeleuchtungen oder Saunas. Reicht das auch nicht, wird der Strom rationiert – betroffen sind 30'000 Unternehmen, aber keine Haushalte. Nützt alles nichts, wird das Netz temporär ausgeschaltet. UVEK

Wie geht es weiter? Wie das Bundesamt für Energie (BFE) auf Anfrage der NZZ mitteilte, wird die Sensibilisierungskampagne diese Woche Vertretern der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft und der Verwaltung vorgestellt. Ausserdem prüft das Uvek in Zusammenarbeit mit dem BWL, wie der Aufbau von Gasspeicherkapazitäten in der Schweiz gefördert werden kann und wird den Bundesrat bis Ende August 2022 darüber informieren.

Schliesslich überarbeitet das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) mit der Industrie zusammen derzeit das Konzept zu den Kontingentierungen und wird dieses dem Bundesrat Ende August 2022 vorlegen.

Rendez-vous, 11.08.2022, 12:30 Uhr

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