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Strommangellage So bereiten sich Spitäler auf die Stromlücke vor

Was passiert mit den Spitälern, sollten im kommenden Winter Strom und Gas knapp werden? Eine Vorzugsbehandlung für Spitäler ist nämlich nicht so einfach machbar.

Spitäler brauchen viel Strom. Das Universitätsspital Zürich etwa benötigt so viel Strom wie 10'000 Haushalte. Und vom Strom hängen im Spital Leben ab. Doch Strom könnte nächsten Winter knapp werden: «Das Risiko, dass eine Strommangellage eintritt, ist gross», sagt die Organisation Ostral, die bei einer Mangellage die Stromversorgung im Auftrag des Bundes managen müsste.

Was die Spitäler jetzt tun sollten

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Michael Frank vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSED.
Legende: SRF

Kurzinterview mit Michael Frank , Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSED zur Lage der Spitäler.

SRF News: Gemäss Notfallplänen sollen Spitäler «sofern technisch möglich» von Stromabschaltungen ausgenommen werden. Was heisst das?

Michael Frank: Netzabschaltungen sind abwechselnd gebietsweise vorgesehen. Weil die Netze historisch gewachsen sind, sind punktuelle Ausnahmen in der Regel nicht möglich.

Warum nicht?

Stellen wir uns ein Haus vor: Es hat eine Leitung quer durchs Haus, in jedes Zimmer zweigt eine Leitung ab. Ich kann im Verteilerkasten nicht das eine Zimmer stehen lassen und das andere ausschalten, weil das im Strang so nicht funktioniert. Ähnlich ist das im Verteilnetz. Ich kann bestimmte Teilnehmer mit historisch gewachsenen Netzen, die nicht digital gesteuert sind, nicht punktuell steuern.

Wo liegen die Gefahren für die Spitäler?

Die ganz grossen haben spezielle Lösungen mit Sonderleitungen – die können nach wie vor versorgt werden. Und der grosse Teil der Spitäler hat in der Regel Notstromgruppen, dank denen sie über Tage ohne Strom funktionieren können. Netzabschaltungen bedeuten: 4 Stunden kein Strom, dann 4 oder 8 Stunden wieder Strom, dann wieder 4 Stunden kein Strom, bis das Netz wieder im Gleichgewicht ist. Um das zu überbrücken, sind die Notdiesel mehr als genügend.

Was raten Sie den Spitälern?

Sie sollen ihre Notfallpläne, Krisenorganisation und Notstromgruppen überprüfen. Den Dieseltank würde ich jetzt füllen. Krisenvorsorge passiert vor der Krise, nicht in der Krise. Jetzt ist der Moment dazu da.

Das beunruhigt die kantonalen Gesundheitsdirektoren. «Wir sind mit der Energiedirektorenkonferenz am Abklären, wie Gesundheitseinrichtungen im Fall einer Strommangellage oder einer Energiemangellage im Allgemeinen privilegiert bedient werden könnten», sagte Michael Jordi, Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren.

Könnte Spitälern der Strom abgedreht werden?

Als letzte Massnahme würde Ostral nämlich stundenweise den Strom für gewisse Gebiete abstellen lassen. Theoretisch ist eine Privilegierung von Spitälern bereits vorgesehen. Doch Michael Frank, Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSED, sagt, dass in der Realität eine solche Bevorzugung technisch oft gar nicht machbar sei: «Weil die Netze historisch gewachsen sind, sind punktuelle Ausnahmen in der Regel nicht möglich.»

Auch das Universitätsspital Zürich USZ ist nicht sicher, ob es von Abschaltungen verschont bliebe. «Zurzeit sind wir nicht zu 100 Prozent sicher, dass wir von einer Stromabschaltung ausgenommen werden. Wir sind aber in Abklärungen – auch mit unseren Energieversorgern. Ich bin aber sehr zuversichtlich», sagt Raphael Wicky vom technischen Dienst des USZ.

Speziallösung und Notstromaggregate

Wie die meisten grossen Spitäler hat das Unispital zudem eine Speziallösung – es hat zwei verschiedene Netzeinspeisungen. Fallen beide aus, springen die ölbetriebenen Notstromaggregate an. Die Aggregate können das Spital zwei bis vier Tage mit Strom versorgen. «Wir haben dazu auch einen 100'000 Liter fassenden Heizöltank. Hier sind wir am Abklären, wie die Versorgung auch in einer ernsthaften Krise vonstattengehen sollte. Dafür sind wir auch mit dem Bundesamt für Landesversorgung in Kontakt.»

Für kleinere Spitäler sind gefüllte Tanks für ihre Notstromaggregate noch wichtiger als für grosse. Denn sie würden wohl eher vom Netz abgehängt werden. Michael Frank vom Verband der Elektrizitätsunternehmen rät diesen, die Tanks jetzt zu füllen. Damit die Spitäler auch bei einem Energieengpass weiterhin Leben retten können.

Tagesschau, 09.07.2022, 13 Uhr

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