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Schweizer Infrastrukturbauten «Es gibt fast keine Strassen mit Löchern oder Rissen»

Sind die Infrastrukturbauten in der Schweiz gut unterhalten? Professor Adey von der ETH Zürich sagt: «Ja.»

Infrastrukturschäden können extreme Auswirkungen haben, dies hat das Beispiel der Morandi-Brücke in Genua gezeigt. Sie ist 2018 eingestürzt, nachdem sie rund 50 Jahre intensiv in Gebrauch war. 43 Menschen kamen ums Leben. Noch drastischere Konsequenzen hatten die zwei Dammbrüche in Libyen, die sich erst kürzlich ereignet haben. Ein ganzer Stadtteil der Stadt Darna wurde überschwemmt, bis jetzt wurden dem Roten Halbmond zufolge mehr als 11'300 Leichen geborgen und 10'000 Menschen gelten noch als vermisst.

Untersuchung in Libyen

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Wie mehrere Medien berichteten, wird die Katastrophe nun von der libyschen Generalstaatsanwaltschaft untersucht. Konkret steht im Mittelpunkt, wie es kommen konnte, dass beide Dämme brachen und wohin eigentlich das Geld für die Instandhaltung der Dämme geflossen ist. Im Bericht einer staatlichen libyschen Prüfbehörde ist vermerkt, dass 2012 und 2013 mehr als zwei Millionen Dollar für diesen Zweck bereitgestellt worden seien.

Auch in der Schweiz gibt es viele Infrastrukturbauten wie Staudämme, Autobahnbrücken, Tunnel und viele mehr. Wie das Beispiel Gotthard-Strassentunnel zeigt – auf einer Länge von 25 Metern sind Stücke der Betondecke auf die Fahrbahn gefallen –, sind auch diese Bauwerke nicht vor Überraschungen gefeit.

Doch im Allgemeinen seien die Schweizer Infrastrukturbauten sehr sicher, sagt Bryan Adey. Er ist Professor für Infrastrukturmanagement an der ETH Zürich. «Es gibt fast keine Strassen mit Rissen oder Löchern. Auch die Schienen sind in gutem Zustand, und die Brücken auch.» Jede Nutzerin und jeder Nutzer könne dies selbst feststellen, wenn sie oder er zum Beispiel mit dem Auto durch die Schweiz fahre.

Bauarbeiter hoch über dem Genferssee auf einem Viadukt
Legende: Bauarbeiten am Chillon-Viadukt, 2014. Keystone/Anthony Annex

Der gute Zustand sei darauf zurückzuführen, dass die Schweiz pflichtbewusste Infrastrukturbetreiber habe, zum Beispiel das Bundesamt für Strassen (Astra) und die SBB. «Und grundsätzlich haben wir genügend finanzielle Mittel, um die erforderlichen Unterhaltsmassnahmen durchzuführen. Wir haben auch kompetente Ingenieure und Baufirmen.»

Zerfall ist normal

Dass die Infrastruktur zum Beispiel durch Witterungsbedingungen zerfällt, ist allerdings ganz normal, so Adey. Die Zerfallsprozesse seien langsam, auch Salz auf den Strassen trage beispielsweise dazu bei. «Man muss regelmässig beobachten, wie die Zerfallsprozesse laufen. Und man muss eingreifen, bevor die Infrastruktur nicht mehr so funktioniert, wie wir dies wollen.»

Problem: Überlastung

Doch nicht nur der Zerfallsprozess ist eine Belastung für die Infrastrukturbauten, sondern auch die häufige Nutzung. «Die Infrastruktur kommt immer näher an ihre Kapazitätsgrenzen, da sie immer mehr benutzt wird.» Als Beispiel führt er die A1 Bern–Zürich an: «Auf dieser Strecke gibt es fast immer Stau, jeden Tag. Dort stösst die Infrastruktur an ihre Grenzen.»

Je mehr beispielsweise die älteren Autobrücken befahren werden, desto schneller müsse in naher Zukunft mit Massnahmen sichergestellt werden, dass sie nicht zu sehr an die Kapazitätsgrenze stossen und auch in Zukunft noch schwere Lasten tragen können, sagt der Professor. Dazu komme der Klimawandel. «Wir brauchen mehr Klarheit darüber, was mit unserer Infrastruktur in den nächsten 20 bis 40 Jahren geschehen wird.» Daraus könne man die nötigen Erhaltungsmassnahmen ableiten.

SRF 4 News, 21.09.2023. 06:10 Uhr

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